Stephan Ruß-Mohl

Stephan Russ-Mohl: Die Freiheit der Forschung genießen

Veröffentlicht am 5. Oktober 2021

Stephan Russ-Mohl ist ein Journalismusforscher mit starker öffentlicher Präsenz – weit über seine Zeit als Lehrstuhlinhaber in Berlin und Lugano hinaus. Michael Meyen hat mit ihm am 24. August 2021 über eine ungewöhnliche Karriere gesprochen, über seine Corona-Interventionen und über Themen, für die sich sonst niemand interessiert.

Stationen

Geboren am 23. Mai 1950 in Frankfurt am Main. 1970/71 Deutsche Journalistenschule München (9. Lehrredaktion). Studium in München (VWL, Soziologie) und Konstanz (Verwaltungswissenschaft). Freier Journalist (Süddeutsche Zeitung, Stuttgarter Zeitung). 1977 Diplom. Aufbaustudium in Konstanz und Princeton. 1980 Promotion in Konstanz (vgl. Russ-Mohl 1981). 1979 wissenschaftlicher Assistent im Studiengang Journalistik an der Universität Dortmund. 1981 Fachreferent für die Fördergebiete Wissenschaftsjournalismus, Stadtforschung und später Völkerverständigung sowie Pressereferent der Robert Bosch Stiftung in Stuttgart. Lehraufträge in Hohenheim. 1985 C4-Professur für Allgemeine Publizistik mit dem Schwerpunkt organisatorische Grundlagen und redaktionelle Praxis der journalistischen Produktion. 1989 Forschungsaufenthalt an der University of Wisconsin, Madison, USA. 1992 Forschungsaufenthalt am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz, Italien. 1995, 1999, 2008 und 2015 Forschungsaufenthalte an der Stanford University, Kalifornien. Von 2002 bis 2018 Professor für Journalismus und Medienmanagement an der Università della Svizzera italiana, Lugano, Schweiz. 2004 Gründer und bis 1018 Leiter des European Journalism Observatory (EJO). Verheiratet, zwei Kinder.

Könnten Sie mir etwas über Ihr Elternhaus erzählen, über Ihre Kindheit, Ihre Jugend?
Es ist gar nicht so einfach, sich da an Details zu erinnern. Aufgewachsen bin ich in Memmingen, im schwäbischen Teil von Bayern. Meine Mutter hat als Prokuristin in einer Zigarettenfabrik gearbeitet. Sie hat mich adoptiert und war alleinerziehend.

Gab es in Memmingen eine Zigarettenfabrik?
Ja. Kosmos. Bis zum Ende des Krieges war der Standort Dresden. Meine Mutter ist mit dem Fahrrad über Tschechien nach Bayern gekommen und hat dort geholfen, die Fabrik neu aufzubauen. Ich war die ersten zehn Jahre meines Lebens in Memmingen. Ich habe dort die Volksschule besucht und war ein Jahr auf dem Gymnasium. Dann wurde die Zigarettenfabrik liquidiert. Gleichzeitig hat mein Kindermädchen geheiratet. Ich musste ins Internat und war dann neun Jahre in Marquartstein in Oberbayern.

In meinen Unterlagen steht, dass Sie in Frankfurt am Main geboren wurden.
Das stimmt. Meine Mutter wollte nicht hochschwanger durch Memmingen laufen.

Könnten Sie etwas über Ihren Vater erzählen, der dann ja offenbar versteckt werden sollte?
Den verstecke ich immer noch.

Dann war das ein vaterloser Haushalt.
So kann man das sagen. Meine Mutter hat mich gemeinsam mit dem Kindermädchen großgezogen, bis ich ins Internat kam.

Waren Sie ein Einzelkind?
Ja. Ein sehr verwöhntes.

Ein Kindermädchen war damals Luxus.
Noch mal ja. Das hat aber sicher mehr als die Hälfte des Gehalts meiner Mutter gekostet und an anderer Stelle zu Einschränkungen geführt.

Hat Politik daheim oder dann im Internat eine Rolle gespielt?
In Memmingen ganz bestimmt nicht. Einen Zehnjährigen interessiert das noch nicht. Wichtig wurde das erst später, über einen Erzieher, der zugleich Deutsch und Geschichte unterrichtet hat. Er hat versucht, uns nahezubringen, welche Aufgaben man als Bürger in einer Demokratie übernehmen sollte und dass die Freiheiten nicht selbstverständlich sind, für die ich auch heute noch kämpfe.

Könnten Sie etwas zur Ausrichtung dieses Internats sagen?
Es geht um die 1960er, im tiefsten Oberbayern, in einer katholisch geprägten Gegend. Die Schule war trotzdem in vielerlei Hinsicht progressiv. Der Direktor war sehr engagiert und über Bayern hinaus bekannt. Es gab zum Beispiel einen Austausch mit dem Eton College. Ich war ein Nutznießer und durfte dort ein Vierteljahr hin. Für mich hat sich da zum ersten Mal die Welt geöffnet. Ich kam raus aus der Kirchturmlandschaft Süddeutschlands.

Wie alt waren Sie damals?
16.

Sind Sie dort auf die Idee gekommen, Journalist zu werden?
Das kam erst später. Der Erzieher, den ich gerade schon erwähnt habe, stellte mich vor die Wahl: entweder Theatertruppe oder Schülerzeitung.

Lassen Sie mich raten: Die Zeitung war spannender.
Genau. Dort habe ich Feuer gefangen. Eton war in anderer Hinsicht ein Augenöffner. Ein stockkonservatives Internat in einem vollkommen anderen Schul- und Gesellschaftssystem.

Hat „68“ bis nach Oberbayern gereicht?
Das kam im Internat an und hat meine letzten Schuljahre geprägt. Ich war dann schon Schulsprecher. Wollen Sie meine größte Errungenschaft hören?

Klar.
Wer 18 oder älter war, durfte jetzt rauchen. Dieses Freiheitsrecht habe ich für die Mitschülerinnen und Mitschüler erkämpft (lacht). „68“ war aber trotzdem prägend. Wir wollten die Welt verändern und haben zum Beispiel gegen den Vietnamkrieg protestiert. Selbst in einem kleinen, schwarzen Dorf kam ein wenig von den Gedanken aus Berlin oder Berkeley an.

Können Sie sich noch erinnern, welchen Ruf die Deutsche Journalistenschule in München hatte, als Sie sich dort beworben haben?
Einen sehr, sehr guten. Das war damals die einzige praxisnahe Ausbildungsstätte. Es gab 1000 Bewerber auf 15 Plätze. Ich hatte das wahnsinnige Glück, einen dieser Plätze zu ergattern.

Haben Sie dafür eine Erklärung?
In der Aufnahmeprüfung haben mich die Journalisten wegen Eton gelöchert, vor allem Hermann Proebst von der Süddeutschen Zeitung. Da konnte ich brillieren. Ich hatte etwas Besonderes in meiner Biografie.

Eton dürfte sonst kaum jemand im Lebenslauf gehabt haben.
Das hat mir über die schwierigen und kritischen Fragen hinweggeholfen, die die anderen beantworten mussten.

Wer hat Sie zur Bewerbung ermuntert? Auch wieder der Schulmentor?
Das weiß ich nicht mehr. Er hat das sicher zumindest unterstützt.

Ihre Mutter?
Nein. Sie wollte, dass ich eine Banklehre mache. Von Journalismus war sie gar nicht begeistert.

War der Übergang vom Abitur zur Journalistenschule nahtlos oder gab es etwas dazwischen?
Ein Jahr Studium an der Universität München. Als die Zusage von der Schule kam, habe ich das unterbrochen, aber dann Gott sei Dank einen Mentor beim BR gefunden, der mir ganz stark geraten hat, das zu Ende zu bringen. Ich bin diesem Rat gefolgt, obwohl ich beim BR oder bei der Süddeutschen Zeitung hätte bleiben können.

Wie haben Sie Ihr doch recht langes Studium finanziert? Haben die Honorare aus dem Journalismus gereicht?
Das war immer nur ein Taschengeld. Meine Mutter hat mich sehr großzügig unterstützt. Ich hatte nie finanzielle Sorgen, weder während des Studiums noch danach. Ich weiß, dass das im Moment für junge Leute ungewöhnlich ist.

Wenn Sie Ihr Studium mit dem vergleichen müssten, was heute an Universitäten üblich ist: Wie würden Sie das angehen?
Im Rückblick gefällt mir, dass mein Studium nicht völlig durchstrukturiert und durchorganisiert war. Diese großen Freiheiten habe ich auch noch in den ersten Jahren als Professor erlebt. Geändert hat sich das erst mit Bologna. Die Verschulung halte ich für kontraproduktiv. Die jungen Leute wissen selbst am besten, was sie interessiert. Wenn sie Wahlmöglichkeiten haben, suchen sie sich das aus, was sie voranbringt.

Was hat Sie damals an Ihrer eigenen Fächerkombination fasziniert?
Zur Verwaltungswissenschaft bin ich in Konstanz gekommen. Ich wollte das Nützliche mit dem Interessanten vereinbaren. Interessant waren Soziologie und Politikwissenschaft und nützlich öffentliches Recht und VWL. All das hat sich in diesem Studium zusammengefügt, weil Fritz Scharpf, Frieder Naschold und andere der Meinung waren, dass die öffentliche Verwaltung eine neue Expertengeneration braucht. Junge Leute, die sozialwissenschaftlich ausgebildet sind und nicht juristisch.

Ist das aufgegangen?
Es gibt inzwischen solche Leute, aber an den entscheidenden Stellen haben immer noch Juristen das Monopol.

Gibt es jemanden, den Sie als Ihren akademischen Lehrer bezeichnen würden?
Promoviert habe ich bei Dietrich Fürst. Ein Regionalökonom, der mein Denken früh geprägt hat (vgl. Russ-Mohl 1981). Eine beachtliche Rolle hat für mich auch Bruno Frey gespielt, der in Konstanz ganz jung auf eine Wirtschaftsprofessur berufen worden war. Frey stand für eine neue politische Ökonomie, die nichts mit Marx zu tun hatte, und war für mich ein Antipode. Je länger ich mich an ihm gerieben habe, desto mehr habe ich von ihm gelernt. Im Rückblick sehe ich, dass er mich später mehr beeinflusst hat als während des Studiums, wo er das intellektuelle Feindbild war, mit dem ich mich auseinandersetzen wollte.

Gab es dabei einen Wendepunkt?
Das Buch über demokratische Wirtschaftspolitik, das Frey mit Gebhard Kirchgässner veröffentlicht hat (vgl. Frey/Kirchgässner 1981). Dort ging es um die Frage, wie stark demokratische Gesellschaften durch Ökonomie geprägt sind – selbst dann, wenn das längst nicht alle Betroffenen wahrhaben wollen.

Wie viel von Ihrem Doktorvater steckt heute noch in Ihrer Arbeit?
Das hat nachgelassen, als meine Berufswünsche weggingen von der Stadtplanung und hin zum Journalismus. Deshalb sind letztlich im Rückblick Leute wie Bruno Frey und Fritz Scharpf für mich wichtiger gewesen als Dietrich Fürst.

Stadtplanung steht gar nicht auf meinem Zettel. War das eine ernsthafte Option?
Ja. Stadtplanung in der öffentlichen Verwaltung. Ich habe in München ein Praktikum gemacht im Stadtentwicklungsreferat, acht Monate lang. Ich war auch kommunalpolitisch aktiv und habe mich als junger Mensch in einen Gemeinderat wählen lassen.

Wo war das?
In Pullach. In meiner Heimat, im Isartal.

Dann scheinen Sie vor der Berufung an die Freie Universität Berlin drei weitere Karrieren verfolgt zu haben. Stadtplanung, Journalismus, Stiftungsarbeit.
Eine Schlüsselfunktion hatte hier die Bosch-Stiftung. Dort wurde ein Manager für das Stadtforschungsprogramm gesucht. Als ich dort dann Referent wurde, war dieses Programm schon ziemlich verkorkst. Es gab vier Forschungsgruppen, die ich weiter werkeln lassen musste. Ich war eigentlich nur noch für das Vermarkten der Ergebnisse zuständig. Publikationen, Tagungen. Dafür hat sich aber eine neue Möglichkeit aufgetan.

Walter Hömberg (Foto: privat)

Walter Hömberg (Foto: privat)

Auf meinen Zettel steht Wissenschaftsjournalismus.
Ein ganz kleines Förderprogramm, ja. Das war meine Brücke auf die Professur. Ich konnte wissenschaftlich publizieren. Außer Walter Hömberg hatte sich damals noch niemand um dieses Thema gekümmert. Außerdem war wenigstens ein bisschen Geld da. Wir haben Stipendien vergeben und Praktika finanziert. Für junge Menschen war es eine tolle Sache, in die Wissenschaftsredaktion der Zeit zu kommen oder zum Bayerischen Rundfunk und ein paar Monate bei renommierten Journalisten zu lernen. Wir haben damals eine ganze Nachwuchsgeneration gefördert. Es gab das erste Lehrbuch zum Wissenschaftsjournalismus und die ersten Tagungen, zu denen wir Experten wie Sharon Dunwoody eingeflogen haben.

Wenn ich das richtig verstehe, dann wollten Sie gar nicht mehr Journalist werden.
Bis ich die Stelle bei der Bosch-Stiftung angenommen habe, war das schon eine Option. Ich habe immer wieder versucht, mit Texten auf mich aufmerksam zu machen, wenigstens mit Buchrezensionen. Irgendwann habe ich gemerkt, dass es interessanter ist, den Journalismus aus der Etappe zu fördern, als selbst in vorderster Front zu arbeiten. Tagesaktualität war nie mein Ding. Wenn überhaupt, dann wollte ich längere Riemen schreiben.

Wie haben Sie die ersten Schritte der Dortmunder Journalistenausbildung erlebt?
Puh. Die Kollegen waren damals leider ziemlich zerstritten. Es gab keinen Teamgeist. Das hat diese ersten Schritte etwas behindert. Allerdings waren alle davon überzeugt, dass man Journalisten an der Hochschule ausbilden sollte (vgl. Kopper 2010).

Lag es nur an den Menschen oder auch an den Strukturen?
Die alte Universität begünstigt Streit. Das fängt damit an, dass Professoren unkündbar sind. Sie können die Sau rauslassen, wenn sie nur wollen. Dortmund war ja bei Weitem nicht der einzige Standort im Fach, wo heftig gestritten wurde. In Münster war das viel schlimmer, mit Gerichtsverfahren. In Dortmund ging man sich eher aus dem Weg, obwohl man aus einem sozialdemokratischen NRW-Milieu kam. Das hatte schon eine Schlagseite. Damals habe ich das noch nicht so wahrgenommen. Ich war ja selbst noch in der SPD engagiert und von meinem Kampf gegen Strauß und die CSU geprägt. Habe ich die Frage beantwortet?

Im Prinzip schon. Sie waren ja nur zwei Jahre in Dortmund.
Ich bin dorthin geholt worden, um den Leuten etwas über Politik und öffentliche Verwaltung beizubringen. In die praktische Journalistenausbildung war ich gar nicht so sehr involviert.

Wie hat die Bosch-Stiftung damals unser Fach gesehen oder die Journalistenausbildung?
Vermutlich durch meine Brillengläser. Journalismus per se war für die Stiftung kein Thema. Man hatte dort das Gefühl, dass sich in Deutschland Wissenschaftsfeindlichkeit ausbreitet. Also hat man sich um die Felder gekümmert, in denen man inhaltlich etwas bewegen wollte. Gesundheitsökonomie oder Medizingeschichte zum Beispiel. Dort wurden auch gezielt Kontakte in den Journalismus aufgebaut.

Peter Glotz (Foto: privat)

Peter Glotz (Foto: privat)

Wie blicken Sie heute auf die Berliner Blockberufung von 1985 zurück?
Das war der Versuch von Wilhelm Kewenig (CDU), Peter Glotz (SPD) zu kopieren, der das als Wissenschaftssenator sehr erfolgreich bei den Philosophen durchgezogen hatte, mit drei Prominenten, die für die FU gewonnen wurden (vgl. Glotz 2005: 165-170). Kewenig wollte das im Publizistik-Institut auch deshalb machen, weil ihm klar war, dass eine Neuberufung den „linken Sumpf“ in Lankwitz nicht würde trockenlegen können. Das war jetzt ein Originalzitat (vgl. Löblich/Venema 2020). Sein Pech war, dass einer von den dreien schnell abtrünnig wurde und ins andere Lager wechselte.

Sie meinen Lutz Erbring (vgl. Erbring 2007).
Bernd Sösemann, der Zweite von den dreien, ließ vom ersten Tag an erkennen, dass er sich eher als Historiker sieht und auch dort beheimatet sein möchte. Ich war der Einzige, der übrig blieb.

Eine schwierige Position.
Ich hatte das Riesenglück, eine fantastische Ausstattung zu haben. Ich durfte den Studiengang Journalistenweiterbildung übernehmen, der alleine schon mehrere wissenschaftliche Mitarbeiter und zwei Sekretariatsstellen hatte. Ich wurde ein Objekt des Neides. Ich habe das damals überhaupt nicht begriffen. Einem Quereinsteiger ist nicht klar, wie wichtig die Ausstattung ist. Eine meiner beiden Assistentenstellen habe ich an Barbara Baerns „verschenkt“, damit sie auf eine C3-Professur nach Berlin kommt. Ich habe es einfach als große Freiheit empfunden, selbst entscheiden zu dürfen, worüber ich Bücher schreibe und was ich in den Seminaren mache. An der FU ist das bis zu meinem Abgang so geblieben.

Waren Ihnen die politischen Implikationen der Blockberufung klar?
Irgendwie schon. Die FU hatte sich nur mit Mühe von ihrer 68er-Geschichte gelöst. Kewenig war im Weizsäcker-Senat klar konservativ. Ich rechne ihm aber immer noch hoch an, mich vom dritten Listenplatz berufen zu haben – vorbei an zwei Leuten, die ihm parteipolitisch deutlich näherstanden.

Wer war vor Ihnen?
Zwei Journalisten. Ein Auslandskorrespondent mit CDU-Parteibuch und Walter von La Roche, der mein Hörfunklehrer war und mit dem ich gesegelt bin. Dass ich dann berufen wurde, war für ihn sicher schwer, aber er hat das sportlich genommen. Vielleicht hat er gesehen, dass ich wissenschaftlich eine Nasenlänge voraus war, auch wenn ich ihm journalistisch nicht das Wasser reichen konnte. Er war ja Nachrichtenchef beim Bayerischen Rundfunk.

In der Kommission waren auch Elisabeth Noelle-Neumann und Ulrich Saxer.
Kewenig hatte dafür gesorgt, dass diese beiden Externen ein gewichtiges Wort mitzureden hatten. Zu Noelle-Neumann habe ich deshalb ein anderes Verhältnis als Sie (lacht). Sie war in meine Karriere involviert. Ich glaube nicht, dass Kewenig jemanden an ihr vorbei berufen hätte. Ich war für beide Lager akzeptabel. Für Noelle und den Senator, weil ich in der Bosch-Stiftung den Wissenschaftsjournalismus gepusht und außerdem in Princeton studiert hatte. Für die anderen war ich ein ausgewiesener Sozialdemokrat, der im Vorwärts viele Artikel schrieb.

Lutz Erbring (2007: 258) hat mir vor anderthalb Jahrzehnten erzählt, dass der Mittelbau ihn als Empiriker abgelehnt hat.
Für den Zeitpunkt seiner Berufung stimmt das wahrscheinlich noch. Später hat sich das dann schnell gedreht. Die Empirie gehörte ja in Noelles Lager. Deshalb war das für viele Linke schwer zu akzeptieren. Dafür mussten erst Erbring und Hans-Jürgen Weiß kommen.

Die Journalistenweiterbildung haben Sie von Alexander von Hoffmann geerbt (vgl. Hoffmann 1997).
Er hat dem jungen Kollegen alle Steine in den Weg gelegt, die man sich nur denken kann.

Wie ist das zu erklären?
Schwierig. Dazu müssten Sie ihn fragen. Und das geht nicht mehr.

Vielleicht hilft ein Beispiel.
Er hat mir eine wirklich üble Geschichte angehängt. Ich habe die erste Professur für Wissenschaftsjournalismus an die FU geholt, mit Geldern der Bosch-Stiftung.

Winfried Göpfert, berufen 1990.
Alexander von Hoffmann hat einen bösen Artikel in die Feder lanciert, das Blatt der Deutschen Journalistenunion. Dort wurde behauptet, ich sei nur Professor geworden, weil ich die Millionen von der Stiftung versprochen hätte. Das hat überhaupt nicht gestimmt. Die Stiftung wusste nicht einmal, dass ich mich in Berlin beworben hatte. Als der Ruf kam, war man zunächst enttäuscht. Dass der Wissenschaftsjournalismus dann an einer Universität gefördert wurde, wo zumindest ein Gleichgesinnter saß, war nicht so überraschend.

Wie waren Ihre Beziehungen zur Bosch-Stiftung als Lehrstuhlinhaber?
Es gab weiter Kontakt. Ich habe Geld für einen USA-Aufenthalt bekommen und wurde auch später gefördert. Selbst in Lugano habe ich dort noch Anträge gestellt. Das hat aber nichts mit der Berufung nach Berlin zu tun. Das war üble Nachrede.

Könnten Sie Ihre anderthalb Berliner Jahrzehnte auf ein paar Schlagworte verdichten? Was sind Ihre Highlights und was war völlig anders, als Sie es sich vorgestellt hatten?
Das ist schwierig, weil das für mich alles weit zurückliegt. Ich hatte den Traum, ungestört auch zu abseitigen Themen arbeiten zu können. Qualitätssicherung im Journalismus, Medienjournalismus, auch US-Journalismus (vgl. exemplarisch Russ-Mohl 1994, 2009, 2017). Das ging damals auch ohne Hunderttausende an Drittmitteln. Ich habe die Freiheit genossen, mich auch dann um Dinge kümmern zu dürfen, die ich wichtig fand, wenn andere das für weniger wichtig hielten.

Und die Journalistenweiterbildung?
Ein toller Studiengang. Wir haben das auf neue Beine gestellt. Die interdisziplinäre Ausrichtung blieb, aber wir haben versucht, das gesamte politische Spektrum zu präsentieren. CDU-Leute genauso wie SPD-Leute. Auf diese Idee wäre Alex von Hoffmann nie gekommen. In den Seminaren wurden alle gleichermaßen kritisch angegangen. Ich wollte ja Vorbild sein für die Teilnehmer.

Gerhard Vowe 2013 im Schader-Forum in Darmstadt (Foto: privat)

Hatten Sie Ihr Parteibuch noch?
Ich bin aus der SPD ausgetreten, als ich nach Berlin berufen wurde. Ich fand, dass ein Journalistenausbilder nicht in einer Partei sein darf. Außerdem wollte ich zur Parteipolitik Distanz halten. Das ist etwas anderes als der Verzicht auf politische Meinungen und Überzeugungen. Der kritische Umgang mit allen hatte einen bemerkenswerten Effekt: Ich war keinem Lager mehr zuzuordnen. Das hat sicher beschleunigt, dass der Studiengang abgewickelt wurde, kurz bevor ich nach Lugano gegangen bin. Als ich aus einem Sabbatical in Stanford zurückkam, hatten alle meine Stellen plötzlich einen KW-Vermerk. „Kann wegfallen“ und wird bei Freiwerden nicht wiederbesetzt. Mit Otfried Jarren oder Gerhard Vowe, die vorher Geschäftsführer waren, wäre das sicher nicht passiert.

Sind Sie deshalb mit Anfang 50 in die Südschweiz gegangen?
Ja. Ich hatte gehofft, den Studiengang bei Bleibeverhandlungen retten zu können. Das erwies sich sehr schnell als Illusion. Die FU-Spitze musste in der Nachwendezeit wirklich jede Stelle einsparen. Meine Professur wurde dann jahrelang nicht wiederbesetzt. Außerdem waren die Kollegen spitz auf meine Hinterlassenschaften. Axel Zerdick zum Beispiel, der gerade Dekan war, wollte meinen Schreibtisch in Dahlem. Irgendwie hatte er nicht verkraftet, dass er in Lankwitz saß und ich in einer schicken Villa (lacht).

Also gab es niemanden, der Sie halten wollte.
Genau. Außerdem gab es in Lugano starke Kräfte, die mich unbedingt holen wollten.

Würden Sie diesen Schritt mit dem Wissen von heute noch einmal wagen?
In Lugano ist dann vieles passiert, was zu meinem vorzeitigen Abgang beigetragen hat. Ich würde des trotzdem wieder machen, weil es den Horizont erweitert hat. Die Kombination von Schweiz und „italianità“ im Tessin fand ich faszinierend.

Warum ist das dann nicht wirklich aufgegangen?
Mit meiner ökonomischen und journalistischen Ausrichtung war ich an der Fakultät ziemlich allein. Auch wurden die eigene Fakultät und die Universität von einer fundamentalistisch-katholischen Gruppe kontrolliert. Das wusste ich zwar vorher, aber es wurde eher schlimmer.

Lassen Sie uns zu den Inhalten zurückkommen.
Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement waren mir von Anfang an ein großes Anliegen. Qualitätsmanagement heißt für mich auch Redaktionsmanagement. Alles, was man wissen muss, um eine Redaktion erfolgreich zu führen. In unserem Fach war das bis in die 1980er kein Thema. Im Studiengang Journalistenweiterbildung hatte ich es auch mit ehrgeizigen Nachwuchsleuten zu tun, die in Führungspositionen strebten. Ich bin immer noch stolz, wie viele das dann tatsächlich geschafft haben. Später haben das Thema dann andere aufgenommen, und ich konnte mich anderen Themen zuwenden. Die empirischen Tiefenbohrungen, die heute das Feld beherrschen, waren nicht mein Ding. Ich fand wichtiger, ein Thema anzutippen, die richtigen Fragen zu stellen und Grundlagen zu erarbeiten.

Leben wir wirklich im Zeitalter der empirischen Tiefenbohrungen?
Ich hoffe, dass das nicht die Empirie ist, die Lutz Erbring zu uns bringen wollte. Man darf natürlich die Publikationszwänge nicht vergessen. Man muss jede Studie auf fünf Aufsätze verteilen. Da geht der große Überblick schnell verloren. Die Forschung wird so über weite Strecken irrelevant. Ich fühle mich da nicht mehr zu Hause. Ich möchte zum Beispiel, dass wir uns mit Propaganda und PR auseinandersetzen, die den Journalismus inzwischen in einem nie gekannten Ausmaß beherrschen. Ich vermisse auch Positionierungen in der Öffentlichkeit. In der Corona-Zeit gab es nur eine Handvoll von Medienforschern, die sich prononciert geäußert haben.

Woran liegt es, dass dem Fach öffentliche Präsenz abgeht?
Zum Teil an den Leuten selbst. Viele wollen das gar nicht. Zum Teil liegt es aber auch an den Medien, die gezielt Dinge unterdrücken, die sie nicht wahrhaben wollen. Die Medienseiten sind ja aus guten Gründen verschwunden. Der Schaden, der dadurch entsteht, ist ein Tabu.

Sie selbst haben sich seit März 2020 mehrfach öffentlich geäußert (vgl. exemplarisch Russ-Mohl 2020). Wie war die Resonanz auf Ihre Kritik am Journalismus?
Erstaunlich gespalten. Sehr kritisch von einigen wenigen Journalisten (vgl. Bartl 2020) und sehr zustimmend von Lesern, die meine Kommentare in der NZZ oder in der Süddeutschen Zeitung gesehen haben. So viele Mails und so viel Dankbarkeit habe ich nie zuvor bekommen. Man hat gesehen, wie der Journalismus dabei ist, in seiner eigenen Blase vielleicht sogar zugrunde zu gehen. Jedenfalls nimmt man in den Redaktionen offenbar nicht mehr wahr, was draußen gesehen wird.

Susanne Fengler (Foto: privat)

Susanne Fengler (Foto: privat)

Lohnt sich der Aufwand für das European Journalism Observatory?
Ich persönlich habe mich da ja zurückgezogen. Im Moment würde meine Antwort Jein bis Nein lauten. Soll heißen: Das EJO ist nicht mehr das, was es werden sollte. Angedacht war eine mehrsprachige Popularisierung von Medienforschung. Daraus ist ein internationales Netzwerk von Forschungseinrichtungen entstanden. Das ist immer noch lohnend. Es gibt gelegentlich Kooperationen und gelegentlich vergleichende Texte über die Sprachgrenzen hinweg. Wie wird zum Beispiel in Italien über Corona berichtet, wie in Deutschland, wie in Frankreich und wie in Großbritannien? Das finde ich immer noch wichtig.

Das Aber schwingt schon mit.
Ich wollte pro Land und pro Sprachversion einen bezahlten, journalistisch versierten Doktoranden, der sich auf seiner Teilzeitstelle redaktionell um die Website in seiner Muttersprache kümmert. Das ist an der Finanzierung gescheitert. Es gibt jetzt noch so eine Halbtagsstelle in Dortmund und – mit weniger Stellenprozenten – auch an der City University in London. Dass sich das Reuters Institute in Oxford davongemacht hat, als die externe Finanzierung durch die Bosch-Stiftung wegfiel, war ein schwerer Verlust. Ehrenamtlich kann man so ein mehrsprachiges Projekt nicht vernünftig pflegen.

Gibt es Wissenschaftler oder Journalisten, die Sie als Vorbilder bezeichnen würden?
Natürlich. Ich habe zum Beispiel Everette Dennis nachgeeifert, der an der Columbia University ein Medienforschungszentrum aufgebaut hat, mit sehr viel mehr Geld, als ich jemals an meinem Journalistenkolleg hatte. Seine programmatischen Schwerpunkte würde ich immer noch voll und ganz unterschreiben.

Könnten Sie das skizzieren?
Dazu gehörte zum Beispiel eine eigene Fachzeitschrift, die eher Praktiker adressiert hat als Wissenschaftler. In den Seminaren saßen Forscher, Wissenschaftsadministratoren und Journalisten an einem Tisch. Mal einen Tag, mal eine Woche. Je nach Thema. Dazu viele Abendveranstaltungen mit Inputs von Columbia-Leuten, zu denen auch die Studenten eingeladen waren. Dennis war auch ein kreativer Forscher und hat all das vorgelebt, was ich selbst machen wollte.

Fällt Ihnen noch jemand ein?
Als direktes Vorbild? Es gibt natürlich viele, von denen ich gelernt habe. Dazu würde ich auch Elisabeth Noelle-Neumann zählen oder Ulrich Saxer.

Was haben Sie von diesen beiden gelernt?
Von Noelle sicher einen ersten Zugang zu Empirie und Demoskopie. Ich fand auch ihr Projekt Medientenor gut, das dann Roland Schatz umgesetzt hat. Die Idee war dort, nicht nur Bürgermeinungen systematisch zu erheben, sondern auch die veröffentlichten Meinungen.

Und Saxer?
Ihm verdanke ich Lugano. Das wiederum hat mit seinem internationalen Blick auf den Journalismus zu tun. Er wollte, dass die Studierenden dort mit verschiedenen Blickwinkeln konfrontiert werden.

Wenn Sie selbst auf ein halbes Jahrhundert in Wissenschaft und Journalismus zurückblicken: Gibt es etwas, worauf Sie besonders stolz sind?
Ich durfte an der Scharnierstelle Journalistenweiterbildung in Berlin interdisziplinär arbeiten und hatte dort die Möglichkeit, Journalisten Grundwissen aus fünf Disziplinen beizubringen. Das war eine Innovation, die heute schon deshalb nicht mehr fortzusetzen wäre, weil neben der praktischen Arbeit die Zeit fehlt, die ein solches Studium braucht. Auch auf das European Journalism Observatory bin ich nach wie vor stolz, trotz allem, was ich gerade gesagt habe. Wir haben zumindest gezeigt, was zu tun wäre, wenn die EU nicht nur Geld für PR ausgeben würde, sondern an der Glaubwürdigkeit von Journalismus interessiert wäre.

Und andersherum: Gibt es etwas, was Sie heute anders machen würden?
Puh. Das ist die viel schwierigere Frage. Vielleicht hätte ich beim EJO eher die Notbremse ziehen sollen.

Kepplinger und Noelle-Neumann (Foto: privat).

Zu welchen Kollegen hatten oder haben Sie einen besonders guten Draht?
Inzwischen sicher zu Hans Mathias Kepplinger und seinen beiden Kollegen aus der Mainzer Journalistenausbildung, Volker Wolff und Tanjev Schultz, mit dem ich jetzt mein Journalismus-Lehrbuch fortschreibe (vgl. Russ-Mohl 2003). Dann zu meiner Schülerin Susanne Fengler (vgl. Fengler/Russ-Mohl 2005). International James Hamilton aus Stanford, den ich schon vorhin hätte nennen müssen bei der Frage nach den Vorbildern. Hamilton verbindet Ökonomie und Journalismus. Everette Dennis, immer noch. Klaus Schönbach. Und Gianpietro Mazzoleni, mit dem ich eng befreundet bin und der mir in Italien viele Türen geöffnet hat.

Gab es Gegner, Konkurrenten, Feinde?
Lutz Erbring. Das weiß inzwischen jeder. Axel Zerdick war auch schwierig, wenn auch konzilianter im Umgang. In Lugano gab es dann einen Kollegen, für den ich mich geschämt habe.

Was bleibt eines Tages von Stephan Russ-Mohl im Medien- und Wissenschaftsgedächtnis? Was sollte bleiben, wenn Sie es beeinflussen könnten?
Freuen würde ich mich, wenn ein paar von den Impulsen, die ich geben durfte, haften bleiben würden. Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftsjournalismus, Medienjournalismus, Qualitätssicherung im Journalismus, Redaktions- und Medienmanagement. Sicher auch die Beobachtung des amerikanischen Journalismus, wobei man heute nicht mehr so viel von ihm lernen kann wie in den 1980ern. Ich bin da aber realistisch. Wir leben in einer Zeit, die auf das Jetzt schaut. Was eine Generation davor passiert ist, wird schnell vergessen.

Literaturangaben

  • Marc Bartl: Sind die Medien schuld am Lockdown? In: kress.de vom 29. Oktober 2020.
  • Lutz Erbring: Ausbildung ist eine Pflicht und keine Kür. In: Michael Meyen/Maria Löblich: „Ich habe dieses Fach erfunden“. Wie die Kommunikationswissenschaft an die deutschsprachigen Universitäten kam. 19 biografische Interviews. Köln: Herbert von Halem 2007, S. 246-261.
  • Susanne Fengler/Stephan Russ-Mohl: Der Journalist als Homo oeconomicus. Konstanz: UVK 2005.
  • Bruno Frey/Gebhard Kirchgässner: Demokratische Wirtschaftspolitik. Theorie und Anwendung. München: Vahlen 1981.
  • Peter Glotz: Von Heimat zu Heimat. Erinnerungen eines Grenzgängers. Berlin: Econ 2005.
  • Alexander von Hoffmann: Ausbildung zur wissenschaftlichen Journalistenausbildung. In: Arnulf Kutsch/Horst Pöttker (Hrsg.): Kommunikationswissenschaft – autobiographisch. Zur Entwicklung einer Wissenschaft in Deutschland. Opladen: Westdeutscher Verlag 1997, S. 161-183.
  • Gerd Kopper: Strukturkrisen der Öffentlichkeit und das Fach Journalistik in Deutschland und Europa. In: Tobias Eberwein/Daniel Müller (Hrsg.): Journalismus und Öffentlichkeit. Wiesbaden: Springer VS 2010, S. 327-351.
  • Maria Löblich/Niklas Venema (Hrsg.): Regierungszeit des Mittelbaus? Annäherungen an die Berliner Publizistikwissenschaft nach der Studentenbewegung. Köln: Herbert von Halem 2020.
  • Stephan Russ-Mohl: Reformkonjunkturen und politisches Krisenmanagement. Opladen: Westdeutscher Verlag 1981.
  • Stephan Russ-Mohl: Der I-Faktor. Qualitätssicherung im amerikanischen Journalismus – Modell für Europa? Osnabrück/Zürich: Edition Interform 1994.
  • Stephan Russ-Mohl: Journalismus. Das Lehr- und Handbuch. Frankfurt/Main: F.A.Z.-Institut 2003.
  • Stephan Russ-Mohl: Kreative Zerstörung – Niedergang und Neuerfindung des Zeitungsjournalismus in den USA. Konstanz: UVK 2009.
  • Stephan Russ-Mohl: Die informierte Gesellschaft und ihre Feinde: Warum die Digitalisierung unsere Demokratie gefährdet. Köln: Herbert von Halem 2017.
  • Stephan Russ-Mohl: Das Corona-Panikorchester. In: Süddeutsche Zeitung vom 17. Oktober 2020.

Empfohlene Zitierweise

Stephan Russ-Mohl: Die Freiheit der Forschung genießen. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2021. http://blexkom.halemverlag.de/russ-mohl-interview/ ‎(Datum des Zugriffs).