Stephan Ruß-Mohl

Stephan Ruß-Mohl

23. Mai 1950

Lexikoneintrag von Karolin Wolf am 15. August 2018

Stephan Ruß-Mohl ist Professor in Lugano und Gründer des European Journalism Observatory. Als Quereinsteiger aus der Praxis etablierte er sich als Verfechter von Qualität und Glaubwürdigkeit des Journalismus.

Stationen

Geboren in Frankfurt/Main. 1970/71 Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in München (9. Lehrredaktion). Studium in München und Konstanz (Volkswirtschaftslehre, Soziologie und Verwaltungswissenschaften). 1977 Diplom in Konstanz sowie Aufbaustudium in Konstanz und an der Princeton University (Sozialwissenschaften). 1980 Promotion in Konstanz. 1985 Professor für Journalismus und redaktionelle Organisation an der FU Berlin. 1989 Forschungsaufenthalt an der University of Wisconsin, Madison, USA. 1992 Forschungsaufenthalt am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz, Italien. 1995 und 1999 Forschungsaufenthalte an der Stanford University, Kalifornien. 2002 Professor für Journalismus und Medienmanagement an der Università della Svizzera italiana, Lugano, Schweiz. Seit 2003 Direktor des European Journalism Observatory (EJO). Journalistische Tätigkeiten, unter anderem für die Neue Zürcher Zeitung (NZZ), Die Furche, Schweizer Journalist und die Werbewoche.

Publikationen

  • Reformkonjunkturen und politisches Krisenmanagement. Opladen: Westdeutscher Verlag 1981 (Dissertation).
  • Der I-Faktor. Qualitätssicherung im amerikanischen Journalismus – Modell für Europa? Osnabrück/Zürich: Edition Interfrom 1994.
  • Journalismus. Das Lehr- und Handbuch. Frankfurter Allgemeine Buch im F.A.Z.-Institut 2003.
  • Der Journalist als Homo oeconomicus. Konstanz: UVK 2005 (mit Susanne Fengler).
  • Kreative Zerstörung – Niedergang und Neuerfindung des Zeitungsjournalismus in den USA. Konstanz: UVK 2009.
  • Die informierte Gesellschaft und ihre Feinde: Warum die Digitalisierung unsere Demokratie gefährdet. Köln: Herbert von Halem 2017.

Als Stephan Ruß-Mohl mit dem Abitur in der Tasche zum Studium aufbrach, hatte er zunächst keine Ambitionen, die in Richtung Journalismusforschung gedeutet hätten. Stattdessen studierte er Volkswirtschaftslehre und Soziologie an der Universität München und besuchte die dortige Journalistenschule, um sich „Herrschaftswissen für den Journalismus“ anzueignen, wie er in einem Interview für die Reihe KKL Impuls des Kultur- und Kongresszentrum Luzern sagt (Meier 2017: 6:25). Dann verschlug es ihn nach Konstanz, wo er 1977 sein Diplom in Verwaltungswissenschaften überreicht bekam und im Anschluss ein sozialwissenschaftliches Aufbaustudium begann, das ihn erstmals länger in die USA führte (an die Princeton University). 1980 wurde er mit einer Arbeit über Reformkonjunkturen und politisches Krisenmanagement in Konstanz promoviert (N.N. 1985: 362).

Während seiner Studienzeit arbeitete Stephan Ruß-Mohl als freier Journalist. Er verfasste unter anderem Rezensionen wissenschaftlicher und politischer Publikationen für die Süddeutsche und die Stuttgarter Zeitung, später auch für Fachzeitschriften wie die Publizistik (N.N. 1985: 362-363). Dann erlebte er jedoch einen Sinneswandel: „[Ich habe] gemerkt, dieser tagesaktuelle Journalismus ist ganz schön stressig und […] oberflächlich“ (Meier 2017: 6:40-6:49). Also wandte er sich der Forschung zu und nahm Lehraufträge an den Universitäten Dortmund, Stuttgart und Hohenheim wahr (N.N. 1985: 362), war jedoch stets bemüht, den Zugang zur Praxis nicht zu verlieren (Meier 2017: 7:05).

Mit dem Ruf an die Freie Universität Berlin bot sich ihm die Möglichkeit, beides zu verbinden: Der Professor für journalistische Praxis und Medienmanagement lehrte und forschte vor allem zu Fragen der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements im Journalismus (Streicher/Teubner 2008: 11). Daneben organisierte er die Programme „Journalisten-Weiterbildung“ (ein Fernstudiengang, der für die Weiterbildung von Journalisten ohne wissenschaftlichen Hintergrund gedacht war und inzwischen aus finanziellen Gründen eingestellt wurde) sowie „Europäische Journalisten-Fellowships“ zur Verleihung von Stipendien für einen zweisemestrigen Studien- und Arbeitsaufenthalt in Berlin an Journalisten aus Ost- und Westeuropa sowie den USA (Ehrentraut 2008: 37).

Auch später in Lugano sind ihm die US-amerikanische Medienlandschaft und ganz besonders die (Qualitäts-)Sicherung des Journalismus die größten wissenschaftlichen Anliegen gewesen. Als weitere Forschungsschwerpunkte benennt die Webseite des dortigen Instituts die vergleichende Analyse von Journalismuskulturen in den USA, Deutschland, der Schweiz und Italien, die ökonomische Theorie des Journalismus, Medien- und Redaktionsmanagement, Medienjournalismus, Wissenschaftsjournalismus, die Beziehung zwischen Journalismus und PR, Pressefreiheit sowie Falschinformation und Medienpopulismus (N.N. 2018). Gerade Letzteres gewinnt für ihn im Lichte von „Fake News“ und Echokammern verstärkt an Relevanz, da er den Glaubwürdigkeitsverfall der traditionellen Medien direkt mit einer Gefährdung der Demokratie in Verbindung bringt (vgl. Meier 2017; Ruß-Mohl 2017).

Wie Schülerin und Koautorin Susanne Fengler (2010: 193) in ihrem Glückwunsch zum 60. Geburtstag schreibt, hält Ruß-Mohl es mit Karl Popper, „nach dem es oberste Pflicht des Wissenschaftlers ist, sich verständlich mitzuteilen“. Das zeigt sich nicht zuletzt in seiner Tätigkeit als Direktor des European Journalism Observatory („ein Netzwerk von Forschungsinstituten in Europa, die Journalismus beobachten, Medientrends erfassen und Medienforschung für Praktiker zugänglich machen wollen“; Russ-Mohl 2017: 17), das er seit 2004 mit aufgebaut hat und für das er regelmäßig Beiträge verfasst (vgl. Russ-Mohl 2014).

Literaturangaben

Weblink

Empfohlene Zitierweise

    Karolin Wolf: Stephan Ruß-Mohl. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2018. http://blexkom.halemverlag.de/stephan-russ-mohl/ (Datum des Zugriffs).