Roger Blum. Quelle: privat.

Roger Blum

6. Januar 1945

Lexikoneintrag von Michael Meyen am 7. Juli 2015

Roger Blum ist 1989 aus der Chefredaktion des Tages-Anzeigers nach Bern berufen worden und hat das Fach dort bis zu seinem Abschied 2010 institutionalisiert. Er hat einen eigenen Ansatz für den Vergleich von Mediensystemen entwickelt und sein Fachwissen auf zentralen Positionen in die Schweizer Medienselbstkontrolle eingebracht.

Stationen

Aufgewachsen in Liestal (Kanton Basel-Landschaft). Vater Buchhalter. Studium an der Universität Basel (Geschichte und Staatsrecht). 1971 Lizenziat. Assistent bei dem Historiker Herbert Lüthy in Basel. 1976 Promotion. 1978 Innenpolitikchef der Luzerner Neusten Nachrichten, 1981 Redakteur beim Tages-Anzeiger, 1985 dort Mitglied der Chefredaktion. 1989 bis 2010 Professor für Medienwissenschaft an der Universität Bern (zunächst 50 Prozent, 2001 75 Prozent und ab 2005 dann 100 Prozent). 1999 bis 2005 Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Kommunikations- und Medienwissenschaft (SGKM). 2007 dort Ehrenmitglied. 1971 bis 1978 Parlamentsabgeordneter im Kanton Baselland (Freisinnig-Demokratische Partei). 1991 bis 2001 Präsident des Schweizer Presserates. 2008 Präsident der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen in der Schweiz (bis Ende 2015). Verheiratet mit der Journalistikprofessorin und Journalistin Marlis Prinzing, zwei Kinder.

Publikationen

  • Die politische Beteiligung des Volkes im jungen Kanton Baselland 1832–1875. Liestal: Kantonale Drucksachen- und Materialzentrale 1977 (Dissertation).
  • Lautsprecher und Widersprecher. Ein Ansatz zum Vergleich der Mediensysteme. Köln: Herbert von Halem Verlag 2014.
  • Mediensymposium. Wiesbaden: Springer VS (Schriftenreihe, Herausgeber zusammen mit Kurt Imhof, Otfried Jarren und Heinz Bonfadelli, neun Bände zwischen 1999 und 2015).

Die akademische Karriere von Roger Blum erinnert an die Neugründer der Kommunikationswissenschaft in Deutschland (vgl. Meyen 2013). Wie Fritz Eberhard und Harry Pross (Berlin), Henk Prakke (Münster) oder Otto B. Roegele (München) wurde Blum aus einer Spitzenposition in der Medienpraxis an die Universität berufen. Als er 1989 als Professor für Medienwissenschaft in Bern anfing, konnte Blum zwar eine Dissertation in Geschichte vorweisen (vgl. Blum 1977) und einige Jahre als Assistent des Historikers Herbert Lüthy in Basel, aber keinerlei Bezug zu seiner neuen scientific community. In einem biografischen Interview sagte Blum (2015), dass er als Journalist das Fach kaum wahrgenommen habe. „Ich wusste, dass es in Zürich so etwas gibt, und hatte gehört, dass Christian Padrutt jetzt dort sei. (…) Im Studium habe ich nebenbei die Bändchen von Dovifat gelesen (vgl. Dovifat 1931, 1937) und mir auch sonst alles angeschaut, was zum Journalismus gepasst hat.“ Wirkliche Argumente hätten seine Befürworter in der Berufungskommission aber nicht gehabt. „Sie konnten höchstens sagen, dass ich eine klare Haltung habe.“

Seine herausgehobene Stellung im Journalismus und die Erfahrungen, die er in führenden Schweizer Tageszeitungen gesammelt hatte, erleichterten es Roger Blum dann zwar, die Position in Bern auszufüllen, an der Universität wurde aus dem Journalisten aber trotzdem ein Akademiker. Blum arbeitete zunächst in Teilzeit weiter für den Tages-Anzeiger (als Korrespondent im Bundeshaus) und schaffte es dann schrittweise, den Lehrstuhl auf 100 Prozent auszubauen und den Fachstandort schließlich auch über seine Pensionierung hinaus zu sichern (vgl. Blum 2015). In der deutschsprachigen Fachgemeinschaft machte sich Roger Blum vor allem als Mitorganisator des Mediensymposiums und Mitherausgeber der entsprechenden Tagungsbände einen Namen. Nachdem er bereits sehr früh einen eigenständigen Ansatz zur Analyse und zum Vergleich von nationalen Mediensystemen entwickelt und in Aufsätzen veröffentlicht hatte (vgl. Blum 2005), baute er diesen Ansatz nach dem Abschied aus Bern zu einer wegweisenden Monografie aus (vgl. Blum 2014).

Seine Tätigkeit in Bern hat Blum selbst im Rückblick auf eine Formel verdichtet: „Brückenschlag zwischen Medientheorie und Medienpraxis“ (vgl. Blum 2010). Dafür stehen unter anderem zahlreiche Auftritte von Medienbetreibern, Journalisten und Politikern in den Lehrveranstaltungen, Exkursionen zu Medienunternehmen und praktische Übungen mit Klausurcharakter. Blum selbst führte der Brückenschlag in wichtige Positionen im Bereich der Medienselbstkontrolle. Als Vorsitzender der SGKM war er außerdem entscheidend an der Akademisierung und Professionalisierung der Schweizer Fachgesellschaft beteiligt (vgl. Blum 2015).

Literaturangaben

Weiterführende Literatur

  • Roger Blum: 20 Jahre Brückenschlag zwischen Medientheorie und Medienpraxis. Ein Rechenschaftsbericht. Bern: Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft 2010.
  • Roger Blum: Meine Verwandtschaft mit Karl Weber. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2016.

Weblink

Empfohlene Zitierweise

    Michael Meyen: Roger Blum. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2015. http://blexkom.halemverlag.de/roger-blum/ ‎(Datum des Zugriffs).