Fritz Eberhard (Quelle: Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung)

Fritz Eberhard

2. Oktober 1894 bis 30. März 1982

Lexikoneintrag von Michael Meyen am 21. September 2022

Fritz Eberhard gehört zu der Professorengeneration, die nach dem Zweiten Weltkrieg die sozialwissenschaftliche Wende der Publizistikwissenschaft eingeleitet hat. Das Institut an der FU Berlin verdankt ihm seinen Fortbestand nach dem Abschied von Emil Dovifat.

Stationen

Geboren in Dresden als Hellmut von Rauschenplat. Aufgewachsen in Baden-Baden. 1914 bis 1920 Studium in Göttingen, Frankfurt/Main und Tübingen, unterbrochen von einer Einberufung. 1920 Promotion bei Robert Wilbrandt. Funktionär in linkssozialistischen Organisationen, Eintritt in die SPD. 1925 Parteiausschluss. Redakteur bei Der Funke, einer Tageszeitung des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK). 1933 illegaler Widerstand. 1937 Emigration (über Paris nach London). Redakteur und Sprecher beim MI5-Radiosender Europäische Revolution und Mitarbeit beim deutschen Dienst der BBC. Nach der Rückkehr Beteiligung am Wiederaufbau der SPD und Kommentare für Radio Stuttgart. 1946 dort Landtagsabgeordneter und kurz Staatssekretär. 1948/49 Mitglied im Parlamentarischen Rat. 1949 bis 1958 Intendant des Süddeutschen Rundfunks (SDR). 1956 ARD-Vorsitzender. 1960 Honorarprofessor an der FU Berlin, später kommissarischer Lehrstuhlinhaber sowie Institutsleiter und auch nach der regulären Besetzung des Lehrstuhls 1968 bis kurz vor seinem Tod Teil des Lehrkörpers. Zweimal verheiratet. Gestorben in Berlin.

Publikationen

  • Über den Luxus. Ein Beitrag zur sozialökonomischen Theorie der produktiven Konsumption. Tübingen 1920 (als Hellmut von Rauschenplat, Dissertation, ungedruckt).
  • How to Conquer Hitler. A Plan of Economic and Moral Warfare on the Nazi Home Front. London: Jarrolds 1940 (als Hellmut von Rauschenplat).
  • The Next Germany. A Basis of Decision on Peace in Europa. Harmondswoerth: Penguin 1943 (als Hellmut von Rauschenplat mit Walter Auerbach, Otto Kahn-Freund und Kurt Mandelbaum).
  • Der Rundfunkhörer und sein Programm. Ein Beitrag zur empirischen Sozialforschung. Berlin: Colloquium 1962.
  • Franz Adam Löffler und Max Weber. Zwei Pioniere der Publizistikwissenschaft. In: Publizistik 8. Jg. (1963), S. 436-441.
  • Macht durch Massenmedien? In: Publizistik 10. Jg. (1965), S. 477-494.

Fritz Eberhard zählt zu den Leuchttürmen der Publizistikwissenschaft und war maßgeblich an der Konsolidierung der Disziplin nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligt. Als Intendant des SDR brachte er ab 1950 in Kooperation mit dem Institut für Demoskopie Allensbach die systematische und kontinuierliche Publikumsforschung auf den Weg (vgl. Eberhard 1962, Meyen 2001: 59-70) und half dann in Westberlin nicht nur Elisabeth Noelle-Neumann bei den ersten Schritten in die Fachgemeinschaft, sondern sorgte nach dem Abschied von Emil Dovifat mit hohem persönlichen Einsatz für institutionelle Kontinuität und eine inhaltliche Neuausrichtung, für die unter anderem die Namen Hans Bohrmann, Jörg Aufermann, Elisabeth Löckenhoff, Kurt Koszyk und Gernot Wersig stehen.

Da das politische, publizistische und akademische Leben Eberhards den Rahmen eines Lexikonartikels sprengt, hat sich BlexKom entschieden, in der Rubrik “Fachgeschichte” einen ausführlichen wissenschaftsbiografischen Beitrag aus der Feder von Hans Bohrmann zu veröffentlichen (vgl. Bohrmann 2022) und diesen Eintrag knapp zu halten. Bohrmann kennt Fritz Eberhard aus persönlicher Zusammenarbeit und hat außerdem zahlreiche Archivquellen und Zeitzeugenaussagen nutzen können. In diesem Beitrag, der Eberhards Leben mit der Zeit- und Fachgeschichte verlinkt, finden sich neben weiterführenden Literaturangaben auch zahlreiche Hinweise auf Sekundärquellen.

Literaturangaben

  • Hans Bohrmann: Fritz Eberhard. In: Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2022.
  • Fritz Eberhard: Der Rundfunkhörer und sein Programm. Ein Beitrag zur empirischen Sozialforschung. Berlin: Colloquium 1962.
  • Michael Meyen: Hauptsache Unterhaltung. Mediennutzung und Medienbewertung in Deutschland in den 50er Jahren. Münster: Lit 2001.

Empfohlene Zitierweise

Michael Meyen: Fritz Eberhard. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2022. http://blexkom.halemverlag.de/fritz-eberhard/ (Datum des Zugriffs).