Emil Dusiska (Quelle: Privatarchiv Michael Meyen, Leihgabe von Karl-Heinz Röhr)

Emil Dusiska

27. April 1914 bis 24. Dezember 2002

Lexikoneintrag von Sophie Dechansreiter am 19. Juli 2018

Obwohl kein Kommunikations- oder Journalistikwissenschaftler, hat der SED-Politiker Emil Dusiska die Fakultät und Sektion der Leipziger Universität geprägt und dort vor allem die Praxisausbildung und den internationalen Austausch entscheidend gefördert.

Stationen

Geboren in Berlin-Lichtenberg. 1920 Volksschule, 1924 Realgymnasium in Berlin. 1927 bis 1933 Mitglied der Sozialistischen Arbeiter-Jugend. 1930 Ausbildung zum Stein- und Offsetdrucker und anschließend entsprechende berufliche Tätigkeiten. 1945 KPD. 1945 Wirtschaftsfunktionär im Berliner Magistrat. 1946 SED. 1949 Studium an der Parteihochschule „Karl Marx“ in Kleinmachnow. 1950 Wirtschaftsredakteur, Neues Deutschland (ND). 1955 Abteilungsleiter Wirtschaft beim ND und Mitarbeiter der Agitationskommission beim Zentralkomitee der SED. 1964 Wissenschaftlicher Aspirant am Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED. 1965 Promotion am Institut und anschließende Berufung zum Professor für Theorie und Praxis des sozialistischen Pressewesens an der Karl-Marx-Universität Leipzig. 1967 Dekan der Fakultät für Journalistik, dann bis 1978 Direktor der Sektion Journalistik. 1972 Generalsekretär der IAMCR. Gestorben in Todtmoss im Schwarzwald.

Publikationen

  • Aufgaben und Arbeitsweise der Tageszeitungen der SED bei der Erläuterung und Verwirklichung des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft. Berlin: Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED 1965 (Dissertation).
  • Methodik der journalistischen Arbeit: Übungsbuch, 2 Teile. Leipzig: Karl-Marx-Universität Leipzig, Sektion Journalistik 1970-71 (Leiter des Autorenkollektivs).
  • Wörterbuch der sozialistischen Journalistik. Leipzig: Karl-Marx-Universität Leipzig, Sektion Journalistik 1973 (Herausgeber mit Wolfgang Böttger und Autorenkollektiv).

Emil Dusiska hat keine klassische wissenschaftliche Laufbahn hinter sich. Nach einer Druckerlehre war er lange Politiker und Journalist, bevor er mit Anfang 50 nach einer Blitz-Promotion als Journalistik-Professor nach Leipzig berufen wurde. Der Funktionär löste dort Franz Knipping als Dekan ab, der wissenschaftlich weit besser für dieses Amt geeignet gewesen wäre (vgl. Knipping 2017, Meyen 2017). Knipping selbst hat Dusiska im Rückblick als „Scharfmacher“ beschrieben, der an der Fakultät „mit programmatischen Reden“ aufgetreten sei (vgl. Knipping 2017).

Wie viele aus der Gründergeneration des DDR-Journalismus war Dusiska über die Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik, eine branchennahe Ausbildung und den antifaschistischen Widerstand in den Beruf gekommen. Zum Profil dieser Generation gehören eine geringe formale Bildung, die sehr schnelle Besetzung von Spitzenpositionen nach 1945 und häufige Positionswechsel (vgl. Meyen/Fiedler 2011: 338-344). Emil Dusiska brachte Erfahrungen in der Verwaltung und in der redaktionellen Praxis mit nach Leipzig sowie enge Beziehungen zu zahlreichen Spitzenfunktionären in Berlin. Dies ist möglicherweise eine Erklärung für seinen Versuch, die Journalistenausbildung in die Hauptstadt zu verlegen und dort ein Institut für Journalistik mit eigenem Promotionsrecht zu eröffnen (vgl. Meyen 2017).

In der Geschichte der Leipziger Einrichtung steht der Name von Emil Dusiska vor allem für die Einführung des Übungssystems, das Herzstück der praktisch-handwerklichen Ausbildung. Dazu kam eine Öffnung gegenüber dem (westlichen) Ausland (vgl. Meyen 2015, 2017). Sein Kollege Werner Michaelis sagte über Dusiska: „Er hat uns die westliche Welt geöffnet. Bei den Tagungen der AIERI ist zwar meist nicht viel rausgekommen, aber wir konnten Kontakte knüpfen. Ich war auch in Jugoslawien, in Belgrad und Ljubljana“ (Michaelis 2015). Als Generalsekretär der IAMCR (gewählt 1972 in Buenos Aires) veranstaltete Emil Dusiska 1974 die bis dahin größte Tagung der internationalen Fachgemeinschaft in Leipzig (vgl. Meyen 2014).

Literaturangaben

  • Franz Knipping: Dusiska hat an meinem Stuhl gesägt. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2017.
  • Michael Meyen/Anke Fiedler: Die Grenze im Kopf. Journalisten in der DDR. Berlin: Panama 2011.
  • Michael Meyen: IAMCR on the East-West Battlefield: A Study on the GDR’s Attempts to Use the Association for Diplomatic Purposes. International Journal of Communication Vol. 8 (2014), S. 2071-2089.
  • Michael Meyen: Journalistik in der DDR. Leipziger Biografien. Feature. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2015.
  • Michael Meyen: Studieren im Roten Kloster. Die Anfänge der Journalistenausbildung in der DDR. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2017.
  • Werner Michaelis: Journalismus braucht Sprache. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2015.

Weiterführende Literatur

Weblink

Empfohlene Zitierweise

    Sophie Dechansreiter: Emil Dusiska. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2018. http://blexkom.halemverlag.de/emil-dusiska/ (Datum des Zugriffs).