Siegfried Weischenberg (Quelle: International Media Center)
Siegfried Weischenberg (Quelle: International Media Center)

Siegfried Weischenberg

24. März 1948

Lexikoneintrag von Thomas Birkner am 24. März 2015

Siegfried Weischenberg hat in Deutschland die hochschulgebundene Journalistenausbildung mitinitiiert, Systemtheorie und Konstruktivismus in der Kommunikationswissenschaft etabliert, den Journalismus in Deutschland empirisch erforscht und zuletzt zu Max Weber gearbeitet.

Stationen

Geboren in Wuppertal. Volontariat bei der Neuen Ruhr Zeitung in Essen. Studium der Soziologie, Geschichte, Wirtschaftswissenschaft (Sozialwissenschaften) und Kommunikationswissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum. 1976 Promotion in Bochum und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Pädagogischen Hochschule Ruhr in Dortmund. 1979 Professur für Medienproduktion an der Universität Dortmund. 1982 Professur für Publizistik und 1997 Übernahme des neuen Lehrstuhls für Medientheorie und Medienpraxis an der Universität Münster. 1994 Direktor des Instituts für Publizistik (bis 1997). Rufe auf Lehrstühle in Leipzig (1995) und Bamberg (1998) abgelehnt. 2000 Ruf auf eine C4-Professur am Institut für Journalistik und Kommunikationswissenschaft der Universität Hamburg (Institutsdirektor von 2001 bis 2008). Emeritierung im September 2013. Gastprofessuren unter anderem an der Indiana University in Bloomington (USA), an der University of Stellenbosch (Südafrika), an der Universität München und an der Lomonossow-Universität in Moskau. Von 1999 bis 2001 Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV).

Publikationen

  • Die Außenseiter der Redaktion. Struktur, Funktion und Bedingungen des Sportjournalismus. Bochum: Brockmeyer 1976 (=Dissertation).
  • Die Wirklichkeit der Medien. Eine Einführung in die Kommunikationswissenschaft. Opladen: Westdeutscher Verlag 1994 (herausgegeben mit Klaus Merten und Siegfried J. Schmidt).
  • Journalistik. Theorie und Praxis aktueller Medienkommunikation. Bd. 1: Mediensysteme, Medienethik, Medieninstitutionen. Opladen: Westdeutscher Verlag 1992. 2. überarbeitete und aktualisierte Auflage 1998. 3. Auflage 2004.
  • Journalistik. Theorie und Praxis aktueller Medienkommunikation. Bd. 2: Medientechnik, Medienfunktionen, Medienakteure. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 1995. Nachdruck 2002.
  • Nachrichten-Journalismus. Anleitungen und Qualitäts-Standards für die Medienpraxis. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2001.
  • Die Souffleure der Mediengesellschaft. Report über die deutschen Journalisten. Konstanz: UVK 2006 (mit Maja Malik und Armin Scholl).
  • Max Weber und die Entzauberung der Medienwelt. Theorien und Querelen – eine andere Fachgeschichte. Wiesbaden: Springer VS 2012.
  • Max Weber und die Vermessung der Medienwelt. Empirie und Ethik des Journalismus – eine Spurenlese. Wiesbaden: Springer VS 2014.

„Ich kenne mich in drei Bereichen ganz gut aus: Universität, Oper und Fußball. Und um alle drei Bereiche steht es in Hamburg nicht gut“, sagt Siegfried Weischenberg über seine langjährige Wahlheimat. Es gibt in dieser Republik bestimmt bessere Bühnen als Hamburg und ganz sicher besseren Fußball als beim HSV. Doch hat dessen sportliche Krise auch ihr Gutes für den Kommunikationswissenschaftler. Während er die Spiele des HSV live im Fernsehen erleidet, liest er mit Begeisterung den HSV-Blog Matz ab auf dem iPad: „So studiere ich die Sozialen Medien.“

Die Beobachtung der Medien und dabei vor allem des Journalismus ist sicherlich der Bereich, in dem sich Weischenberg noch besser auskennt als bei Uni, Oper und HSV. Und diese Beobachtung hat er in Deutschland maßgeblich mitgeprägt. In Dortmund baute er die hochschulgebundene Journalistenausbildung mit auf. Prägend war vor allem die Zusammenarbeit in Münster mit seinen Kollegen Klaus Merten und Siegfried J. Schmidt im Funkkolleg „Medien und Kommunikation“. So wurde neben der Systemtheorie auch der Konstruktivismus in der Kommunikationswissenschaft etabliert. Legendär sind auch die Auseinandersetzungen mit dem Münsteraner Institutsdirektor Winfried B. Lerg, über den Weischenberg damals im Spiegel (34/1994) sagte: „Er macht es nicht nur gerne, er kann es auch nicht.“ Bis heute sind seine Spuren in Münster unübersehbar: Die Journalismusforschung ist ein wichtiger Bereich in Lehre und Forschung, das Institut ist stark systemtheoretisch orientiert und Münster gilt im Fach immer noch als Theoriehochburg.

Bekannt ist Weischenberg neben seinen Schriften zur Journalistik aber vor allem auch durch seine großen empirischen Studien zum Journalismus in Deutschland, die er Mitte der 1990er-Jahre in Münster und ein Jahrzehnt später in Hamburg durchführte und die zum Kernbestand des Fachs gehören (vgl. exemplarisch Weischenberg et al. 2006). In den vergangenen Jahren hat sich der Kommunikationswissenschaftler und Soziologe Weischenberg dem Übervater der Soziologie gewidmet. In zwei monumentalen Schriften geht er mit Max Weber an die „Vermessung“ (Weischenberg 2014) und die „Entzauberung“ (Weischenberg 2012) der Medienwelt.

Literaturangaben

  • Hart an der Pleite. In: Der Spiegel (1994), Nr. 34, S. 56.
  • Siegfried Weischenberg/Maja Malik/Armin Scholl: Die Souffleure der Mediengesellschaft. Report über die deutschen Journalisten. Konstanz: UVK 2006.
  • Siegfried Weischenberg: Max Weber und die Entzauberung der Medienwelt. Theorien und Querelen – eine andere Fachgeschichte. Wiesbaden: Springer VS 2012.
  • Siegfried Weischenberg: Max Weber und die Vermessung der Medienwelt. Empirie und Ethik des Journalismus – eine Spurenlese. Wiesbaden: Springer VS 2014.

Weiterführende Literatur

  • Bernhard Pörksen/Wiebke Loosen/Armin Scholl (Hrsg.): Paradoxien des Journalismus. Theorie – Empirie – Praxis. Festschrift für Siegfried Weischenberg. Wiesbaden: VS Verlag 2008.

Weblinks

Empfohlene Zitierweise

    Thomas Birkner: Siegfried Weischenberg. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2015. http://blexkom.halemverlag.de/siegfried-weischenberg/ ‎(Datum des Zugriffs).