Karl d'Ester im Büro, mit Ilse Kümpfel-Schliekmann, später als »Ponkie« Kritikerin in der Abendzeitung (Quelle: Starkulla/Wagner 1981: Bl. 6)

Die Doktorfabrik: Promovieren in München

Mit rund 600 Dissertationen führt das Münchner Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung die Promotionsstatistik des Fachs an. Dieses Feature liefert eine Bibliografie, ein Referentenverzeichnis, einen Blick auf die Anfänge und zwei Zeitzeugenberichte: Heinz Starkulla (1920 bis 2005) und Kurt Koszyk (Jahrgang 1929) haben bei Karl d'Ester promoviert.


Das Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Universität München feiert 2014 seinen 90. Geburtstag. Aus diesem Anlass veröffentlicht BLexKom eine (auch künftig stets aktuelle) Bibliografie der Dissertationen, die am Institut geschrieben wurden. Außerdem beleuchtet dieses Feature das Promovieren im Fach, die Doktoranden und die Reputation, die mit dem Titel verbunden war (ist), aus unterschiedlichen Perspektiven:

Michael Meyen hat sich Schriften und Promotionsakten der ersten 50 Absolventen von Karl d’Ester (1881 bis 1960) angeschaut. Karl d’Ester wurde 1924 nach München berufen und hat in den folgenden drei Jahrzehnten knapp 400 Arbeiten betreut. Das Schimpfwort von der „Doktorfabrik” ging an der Philosophischen Fakultät zwar erst in den 1950er-Jahren um, schon lange vorher aber war dem Münchner Institutsgründer die Zahl der Dissertationen wichtiger als ihre Qualität.

Heinz Starkulla (1922 bis 2005) hat selbst in München promoviert (1951), musste dann „ständig bei empörten Fachvertretern vorsprechen”, um seinen Lehrer d’Ester zu verteidigen, und hat schließlich miterlebt, wie die „Doktorfabrik” ganz bewusst geschlossen wurde. Michael Meyen und Maria Löblich haben ihn 2003 zu seiner Karriere am Münchner Institut befragt und natürlich auch zum Promovieren.

Auch Kurt Koszyk (Jahrgang 1929) ist ein Produkt der „Doktorfabrik”. 2002 war er dann selbst als Gutachter an einem Verfahren beteiligt (bei Susanne Kinnebrock). Auch Koszyk ist 2003 von Michael Meyen und Maria Löblich zu seinen Erinnerungen an die Münchner Zeit interviewt worden.

Während diese drei Beiträge bereits in einem Sammelband zum 80. Institutsjubiläum erschienen sind (vgl. Meyen/Löblich 2004), schreibt die hier veröffentlichte Bibliografie zwei frühere Fassungen fort, die ebenfalls von Ingrid Klausing (2008a, 2008b) erstellt worden waren. Gerade in jungen und vergleichsweise schlecht ausgestatteten akademischen Disziplinen sind Dissertationen wichtige Forschungsergebnisse. Diese Schriften geben Aufschluss über das Wissenschaftsverständnis der beteiligten Hochschullehrer, über die Gegenstände, die zu einem bestimmten Zeitpunkt für wichtig gehalten wurden, sowie über Theorien und Methoden, die zur Bearbeitung herangezogen wurden. Neben Untersuchungen zur inhaltlichen Ausrichtung der Kommunikationswissenschaft erleichtert Ingrid Klausings Bibliografie zugleich Absolventenstudien: Was ist aus denen geworden, die im Laufe von 90 Jahren den höchsten Studienabschluss erreicht haben, den das Institut zu vergeben hatte?

Ergänzt wird die Bibliografie durch ein Verzeichnis der Prüfer, das seinerseits Rückschlüsse auf Arbeitsbeziehungen im Institut, in den jeweiligen Fakultäten und darüber hinaus erlaubt.

Literaturangaben

  • Michael Meyen/Maria Löblich (Hrsg.): 80 Jahre Zeitungs- und Kommunikationswissenschaft in München. Bausteine zu einer Institutsgeschichte. Köln: Herbert von Halem 2004.
  • Ingrid Klausing: Dissertationen am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung in München. Eine Bibliografie für die Jahre 1925 bis 2007. In: Michael Meyen/Manuel Wendelin (Hrsg.): Journalistenausbildung, Empirie und Auftragsforschung. Köln: Herbert von Halem 2008a, S. 189-284.
  • Ingrid Klausing: Dissertationen am Münchener Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung in München. Eine Bibliographie für die Jahre 1924 bis 2008. In: Münchener Beiträge zur Kommunikationswissenschaft 9 (2008b). http://epub.ub.uni-muenchen.de/6817/1/mbk_9.pdf
  • Heinz Starkulla/Hans Wagner: Karl d’Ester. 1881-1960. München: Deutsche Zeitungswissenschaftliche Vereinigung 1981.

Empfohlene Zitierweise

Michael Meyen: Die Doktorfabrik: Promovieren in München. Feature. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann: Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2014. http://blexkom.halemverlag.de/doktorfabrik/ (Datum des Zugriffs)