Herrmann Haarmann (Foto: Ansgar Koch)
Herrmann Haarmann (Foto: Ansgar Koch)

Hermann Haarmann

18. September 1946

Lexikoneintrag von Michael Meyen am 9. September 2013

Hermann Haarmann hat Forschung und Lehre am Berliner Fachinstitut um eine besondere Facette bereichert und hier die Erinnerung an jüdische und kommunistische Schriftsteller wachgehalten, die vor den Nationalsozialisten fliehen mussten.

Stationen

Geboren in Vehrte bei Osnabrück. 1966 Abitur in Münster. Studium in Münster und Berlin (Germanistik, Theaterwissenschaft, Politikwissenschaft und Publizistik). 1974 Promotion an der FU Berlin. 1989 Habilitation an der Universität Gesamthochschule Essen. 1990 Professur für Kommunikationsgeschichte mit dem Schwerpunkt Exil an der Freien Universität Berlin. Mitgründer und Direktor des Instituts für Kommunikationsgeschichte und angewandte Kulturwissenschaften. 1996 zusätzliche Professur für Kulturtheorie der Moderne an der Hochschule für Musik Hanns Eisler. 1999 bis 2001 Direktor des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der FU. Verheiratet, drei Kinder.

Publikationen

  • Theater und Geschichte. Zur Theorie des Theaters als gesellschaftlicher Praxis. Gießen: focus verlag 1974 (Dissertation).
  • Das Engels-Projekt. Ein antifaschistisches Theater deutscher Emigranten in der UdSSR (1936-1941). Worms: Georg Heintz 1975 (mit Lothar Schirmer und Dagmar Walach).
  • Erwin Piscator und die Schicksale der Berliner Dramaturgie. Nachträge zu einem Kapitel deutscher Theatergeschichte. München: Wilhelm Fink 1991 (Habilitation).
  • „Pleite glotzt euch an. Restlos“. Satire in der Publizistik der Weimarer Republik. Ein Handbuch. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 1999 (unter Mitarbeit von Andrea Klein).
  • akte exil (Schriftenreihe im Verlag Fannei & Walz, zehn Bände, 2001 bis 2007).
  • kommunikation & kultur (Schriftenreihe bei Tectum, ab 2013).

Hermann Haarmann hat zwar schon als Student in Berlin Veranstaltungen von Harry Pross und auch eine Gastvorlesung von Gerhard Maletzke besucht, sieht sich selbst aber trotzdem als „Quereinsteiger“ (Haarmann 2013): Ausgewiesen als Theatertheoretiker und Kenner der Exilliteratur, hat es den „Hermeneutiker“ (ebenfalls eine Selbstbeschreibung, Haarmann 2013) später eher zufällig an das Berliner Institut für Publizistik verschlagen. Nach seiner Dissertation, die sich auch der Kritischen Theorie verpflichtet fühlt und unter anderem von Oskar Negt begutachtet wurde, hielt sich Haarmann anderthalb Jahrzehnte mit befristeten Stellen, Lehraufträgen, Projekten und Stipendien über Wasser. Einer der Höhepunkte in dieser Zeit ist die Ausstellung an der Westberliner Akademie der Künste zum 50. Jahrestag der Bücherverbrennung von 1983; die Eröffnungsrede hielt Walter Jens. Auf dem Begleitsymposion sprach Leo Löwenthal über „Calibans Erben“, seitdem und bis zu dessen Tod fand Haarmann in dem Mitgründer der Frankfurter Schule einen väterlichen Freund. Der entscheidende Schritt zur Universitätsprofessur war die Gründung des Instituts für Kommunikationsgeschichte und angewandte Kulturwissenschaften, das Tagesspiegel-Verleger Lothar C. Poll auf Anregung von Klaus Siebenhaar und Bernd Sösemann zum 750. Geburtstag Berlins anstiftete (vgl. Haarmann 2013).

Das knappe Vierteljahrhundert an der Universität hat Hermann Haarmann dann ganz dem Schwerpunkt seiner Stelle gewidmet – vor allem jüdischen und kommunistischen Schriftstellern, Literaten und Journalisten, die vor den Nationalsozialisten fliehen mussten. Dafür stehen neben Symposien und Ausstellungen in erster Linie seine Brief- und Werkeditionen (unter anderem: Erwin Piscator, Alfred Kerr, Carl Einstein, Alfred Wolfenstein) sowie die Schriftenreihe akte exil (zehn Bände). Als der Berliner Standort (seit 1995 Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft) nach der Jahrtausendwende in eine existenzielle Krise geriet, war Haarmann maßgeblich an der konzeptionellen Neuausrichtung beteiligt. Auch nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Universitätsdienst im September 2014 gibt es an der FU eine Professur für „Kommunikationsgeschichte/Medienkulturen“.

Literaturangabe

Weiterführende Literatur

  • Klaus Siebenhaar (Hrsg.): Die Sprache der Bilder. Hermann Haarmann zum 60. Geburtstag. Berlin: B&S Siebenhaar 2006.

Weblink

Institut für Kommunikationsgeschichte und angewandte Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin

Empfohlene Zitierweise

    Michael Meyen: Hermann Haarmann. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2013. http://blexkom.halemverlag.de/hermann-haarmann/ (Datum des Zugriffs).