Manfred Knoche (Foto: Monique Wernbacher)

Manfred Knoche

24. September 1941

Lexikoneintrag von Michael Meyen am 23. Mai 2017

Ein Marxist aus der Mainzer Schule: Manfred Knoche hat bei Elisabeth Noelle-Neumann studiert, wurde dann in Berlin zum Medienkonzentrationsforscher und brauchte einen langen Umweg bis zur Berufung nach Salzburg.

Stationen

Geboren in Stralsund. 1967 Studium in Mainz (Publizistik, Geschichte, Soziologie, Politikwissenschaft). 1968 bis 1970 studentische Hilfskraft am Institut für Publizistik. Zum Sommersemester 1972 Wechsel an die FU Berlin. 1973 Magister. 1974 wissenschaftlicher Assistent. 1978 Promotion und Assistenzprofessur. 1981 Habilitation. Mitglied einer Vorbereitungsgruppe für den Modellversuch Journalisten-Weiterbildung an der FU. 1982 Vertretung einer Journalistik-Professur in Hamburg. 1982/83 Gastdozent in Salzburg. 1983 Professur für Kommunikationswissenschaft, Vrije Universiteit. Gastprofessuren in Berlin (1984 bis 1986) und Leipzig (1991). 1994 Professor in Salzburg (bis 2009, Emeritierung). Verheiratet, ein Sohn.

Publikationen

  • Einführung in die Pressekonzentrationsforschung. Theoretische und empirische Grundlagen – Kommunikationspolitische Voraussetzungen. Berlin: Volker Spiess 1978 (Dissertation).
  • Presse im Druckerstreik. Eine Analyse der Berichterstattung zum Tarifkonflikt 1976. Berlin: Volker Spiess 1978 (mit Thomas Krüger).
  • Redakteure der Jugendpresse. Berlin: Volker Spiess 1979 (mit Thomas Krüger und Monika Lindgens).
  • Nicht-Veränderung als langfristige Medienwirkung. Einfluß der Presse auf Vorstellungen und Einstellungen zur Politik der GRÜNEN. In: Winfried Schulz (Hrsg.): Medienwirkungen. Weinheim: VCH 1992, S. 121-141 (mit Monika Lindgens, Eva Schabedoth und Axel Zerdick).
  • Kapitalisierung der Medienindustrie aus politökonomischer Perspektive. In: Medien & Kommunikationswissenschaft 49. Jg. (2001), S. 177-194.

Manfred Knoche ist ein Solitär. Folgt man Andreas Scheu (2012: 198), dann handelt es sich bei ihm um den „einzigen Vertreter einer ‚Kritischen Kommunikationswissenschaft‘ im deutschsprachigen Raum, der voll und ganz mit der ‚kritischen‘ Perspektive identifiziert werden kann und sich eindeutig innerhalb des Feldes der Kommunikationswissenschaft positionieren konnte“. Übersetzt: Im Gegensatz etwa zu Jörg Aufermann, Franz Dröge oder Hanno Hardt (das sind die Gegenbeispiele, die Scheu zitiert) blieb Manfred Knoche nicht nur Karl Marx und seiner Herkunftsdisziplin treu, sondern schaffte es auch, im deutschsprachigen Raum auf eine Professur berufen zu werden (1994 in Salzburg). Auch nach seiner Emeritierung 2009 blieb er im Fach als Vertreter eines kapitalismuskritischen Ansatzes präsent, der sich auf die politische Ökonomie der Medien konzentriert (vgl. exemplarisch Knoche 2013).

Diese Ausnahmestellung war in der akademischen Sozialisation von Manfred Knoche keineswegs angelegt. Wie viele der nur wenig älteren Vertreter der Generation der Jungtürken in der Kommunikationswissenschaft kam er über praktische Erfahrungen im Journalismus zum Studium der Publizistik nach Mainz. Bereits als Student tat er sich dabei mit Publikationen in der Fachzeitschrift Publizistik hervor, die Fragestellungen und methodische Ausrichtung der späteren Mainzer Schule spiegeln (vgl. Knoche 1968, Knoche/Schulz 1969). Seine Abnabelung von der Institutsgründerin Elisabeth Noelle-Neumann und der in Mainz betriebenen Publizistikwissenschaft sind unter anderem in einem Beitrag zum 40. Institutsgeburtstag dokumentiert (vgl. Knoche 2005). Knoche setzte sich in Mainz für studentische Mitbestimmung sowie die Verbesserung der Studienbedingungen ein und war als Fachschaftssprecher entscheidend an der Institutsbesetzung beteiligt. Im Rückblick hat er sich als „Autodidakt” beschrieben und seine Entwicklung mit „eigenständiger Analyse und Lektüre“ begründet (Knoche 2017).

An der Freien Universität Berlin, wo Manfred Knoche als studentischer Tutor einstiegt, entwickelte er dann vor allem in Zusammenarbeit mit Axel Zerdick das, was er im gleichen Interview „kritische Empirie“ nannte. Dazu gehörten neben der Forschung zu Kommunikationspolitik und Medienkonzentration (vgl. Knoche 1978) auch Gewerkschaftsarbeit (in der Deutschen Journalisten-Union) und öffentlichkeitswirksame Publikationen. O-Ton Knoche (2017): „Kritik der politischen Ökonomie der Medien und Ideologiekritik, das ist mein theoretisch-empirischer Ansatz. Wesentlich dabei: eine Verbindung von kritischer Theorie und kritischer Empirie. Ich halte nichts davon, nur Marx nachzubeten. Es muss einen Bezug zur Praxis haben, zur Medienpolitik oder wenigstens zu dem, was wir in der Universität tun.“

Obwohl er sich 1981 in Berlin habilitierte und mit einem eigenen Projekt am DFG-Schwerpunktprogramm Medienwirkungsforschung beteiligt war (seinerzeit die erste große Förderung für die noch junge Disziplin), dauerte es fast anderthalb Jahrzehnte bis zur Berufung nach Salzburg. Dazwischen liegen Vertretungs- und Gastprofessuren, zahlreiche vergebliche Bewerbungen in Deutschland sowie eine Professur in Brüssel. Die Vrije Universiteit galt als „politisch eher links“ (Knoche 2017).

Literaturangaben

  • Manfred Knoche: Kommentar und Kritik im Lokalteil der Tagespresse in der Bundesrepublik Deutschland. Eine pressestatistische und inhaltsanalytische Untersuchung. In: Publizistik 13. Jg. (1968), S. 348-359.
  • Manfred Knoche: Einführung in die Pressekonzentrationsforschung. Theoretische und empirische Grundlagen – Kommunikationspolitische Voraussetzungen. Berlin: Volker Spiess 1978.
  • Manfred Knoche: Medienkonzentration und Meinungsvielfalt. Von empirischen Studien zur kapitalismuskritischen Medienkonzentrationstheorie. In: Jürgen Wilke (Hrsg.): Die Aktualität der Anfänge. 40 Jahre Publizistikwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Köln: Herbert von Halem 2005, S. 98-114.
  • Manfred Knoche: Medienkonzentration. In Barbara Thomaß (Hrsg.): Mediensysteme im internationalen Vergleich. Konstanz: UVK 2013, S. 135-160.
  • Manfred Knoche: Kritik der Politischen Ökonomie der Medien. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2017 (16. Mai 2017).
  • Manfred Knoche/Winfried Schulz: Folgen des Lokalmonopols von Tageszeitungen. Eine vergleichende Inhaltanalyse des Lokalteils von Monopol- und Wettbewerbszeitungen. In: Publizistik 14. Jg. (1969), S. 298-310.
  • Andreas M. Scheu: Adornos Erben in der Kommunikationswissenschaft. Eine Verdrängungsgeschichte? Köln: Herbert von Halem 2012.

Weiterführende Literatur

  • Otfried Jarren: Habilitation von Manfred Knoche. In: Publizistik 27. Jg. (1982), S. 181-183.
  • Els de Bens: Manfred Knoche Professur für Kommunikationswissenschaft an der Vrije Universiteit Brussel. In: Publizistik 28. Jg. (1983), S. 587f.
  • Michael Schmolke: Manfred Knoche Professor am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg. In: Publizistik 40. Jg. (1995), S. 70.
  • Gabriele Siegert: 60. Geburtstag von Manfred Knoche. In: Publizistik 46. Jg. (2001), S. 439-441.
  • Gabriele Siegert: Medienökonomie in der Kommunikationswissenschaft. Bedeutung, Grundfragen und Entwicklungsperspektiven. Manfred Knoche zum 60. Geburtstag. Münster: Lit 2002.
  • Gabriele Siegert: Manfred Knoche 65 Jahre. In: Publizistik 51. Jg. (2006), S. 370f.
  • Andreas M. Scheu: Manfred Knoche – Empirie als Überlebensstrategie. In: Andreas M. Scheu: Adornos Erben in der Kommunikationswissenschaft. Eine Verdrängungsgeschichte? Köln: Herbert von Halem 2012, S. 197-219.

Weblinks

Empfohlene Zitierweise

Michael Meyen: Manfred Knoche. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2017. http://blexkom.halemverlag.de/manfred-knoche/ ‎(Datum des Zugriffs).