Will Teichert (Quelle: Karl Theodor Vogel Stiftung)

Will Teichert

13. Mai 1941

Lexikoneintrag von Simon Wastian am 15. August 2018

Will Teichert etablierte den „Uses and Gratifications“-Ansatz im Fach und stellte sich mit seinem soziologisch geprägten Fokus auf ein aktives Medienpublikum gegen damalige Annahmen über passive Medienrezipienten. Der praxisnahe Wissenschaftler sieht sich außerdem besonders der journalistischen Qualität verpflichtet.

Stationen

Studium der Soziologie und Ausbildung zum Journalisten. 1973 wissenschaftlicher Referent, später Geschäftsführer am Hans-Bredow-Institut in Hamburg. Dort Redakteur der Fachzeitschrift Rundfunk und Fernsehen. 1981 Dissertation. Ab 1985 freiberuflicher Medienwissenschaftler. 1988 Abteilungsleiter Medienforschung und Programmplanung beim Hessischen Rundfunk. 1989 Direktor, 1999 Vorstandsvorsitzender der Akademie für Publizistik Hamburg. Ab 1996 Professor an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Nebenbei Brüssel-Korrespondent für verschiedene Medienanbieter.

Publikationen

  • ‚Fernsehen‘ als soziales Handeln. Zur Situation der Rezipientenforschung. Ansätze und Kritik. In: Rundfunk und Fernsehen 20. Jg. (1972), S. 421-439.
  • ‚Fernsehen‘ als soziales Handeln. Zur Situation der Rezipientenforschung. Entwürfe und Modelle zur dialogischen Kommunikation zwischen Publikum und Massenmedien. In: Rundfunk und Fernsehen 21. Jg. (1973), S. 356-382.
  • Bedürfnisstruktur und Mediennutzung. Fragestellung und Problematik des „Uses and Gratifications Approach“. In: Rundfunk und Fernsehen 23. Jg. (1975), S. 269-283.
  • Einführung in soziologisches Denken. Weinheim/Basel: Beltz 1978 (mit Peter Stromberger).
  • Die Region als publizistische Aufgabe. Ursachen, Fallstudien, Befunde. Hamburg: Hans-Bredow-Institut 1982 (Dissertation).

Seiner Ausbildung entsprechend steht Will Teichert für soziologische und qualitätsorientierte journalismuspraktische Einflüsse auf die Kommunikationswissenschaft sowie für die Etablierung des „Uses-and-Gratifications“-Ansatzes im Fach (vgl. Hasebrink 2006: 226). Am Hans-Bredow-Institut in Hamburg konzentrierte er sich auf die aktive Rolle des Medienpublikums und stellte sich damit gegen etablierte Annahmen über passive Medienrezipienten (vgl. ebd.).

Für Teichert ist Mediennutzung soziales Handeln: Individuen befriedigen mit ihrer Medienrezeption Bedürfnisse, anstatt lediglich passiv zu reagieren (Renckstorf 1989: 319). Empirisch arbeitete er unter anderem mit Beobachtungen von Fernsehnutzern, was bis heute ungewöhnlich ist (Hasebrink 2006: 226). Auf dem „Uses-and-Gratifications“-Modell aufbauend und an den Symbolischen Interaktionismus angelehnt, lieferte Teichert die Grundlage für den von Karsten Renckstorf ausformulierten Nutzenansatz. Dementsprechend verband die beiden in ihrer Forschung eine enge Zusammenarbeit (vgl. Hasebrink 2006: 226; Krotz 2008).

Will Teichert versuchte außerdem, seine Erkenntnisse für die journalistische Praxis anwendbar zu machen (vgl. Hasebrink 2006: 227). So befasste er sich in seiner Dissertation mit regionaler Berichterstattung sowie mit den Problemen, die sich dabei für Redaktionen ergeben (vgl. ebd.: 226). Als freiberuflicher Medienwissenschaftler forschte und lehrte er anschließend in Madagaskar, China und Brasilien (Institut KMM 2010). Nach seiner Rückkehr konzentrierte er sich weiter auf die Praxis. So war Teichert als Abteilungsleiter für Medienforschung und Programmplanung beim Hessischen Rundfunk sowie als Brüssel-Korrespondent selbst journalistisch aktiv (ebd.). An der Akademie für Publizistik in Hamburg legte er Wert auf Qualitätsjournalismus (vgl. Teichert 2008).

Literaturangaben

  • Uwe Hasebrink: Will Teichert. 65 Jahre. In: Publizistik 51. Jg. (2006), S. 226-227.
  • Institut KMM: Prof. Dr. Will Teichert. Hamburg: Institut KMM 2010.
  • Friedrich Krotz: Handlungstheorien und Symbolischer Interaktionismus als Grundlage kommunikationswissenschaftlicher Forschung. In: Carsten Winter/Andreas Hepp/Friedrich Krotz (Hrsg.): Theorien der Kommunikations- und Medienwissenschaft. Grundlegende Diskussionen, Forschungsfelder und Theorieentwicklungen. Wiesbaden: VS Verlag 2008, S. 29-48.
  • Karsten Renckstorf: Mediennutzung als soziales Handeln. Zur Entwicklung einer handlungstheoretischen Perspektive der empirischen (Massen-)Kommunikationsforschung. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 41. Jg. (1989), Sonderheft 30, S. 314-336.
  • Will Teichert: Kleine Impulse gegen einen zu ausgeprägten Pragmatismus. Hamburg: text intern 2008.

Empfohlene Zitierweise

    Simon Wastian: Will Teichert. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2018. http://blexkom.halemverlag.de/will-teichert/ ‎(Datum des Zugriffs).