Walter J. Schütz (Foto: privat)
Walter J. Schütz (Foto: privat)

Walter J. Schütz

27. Juli 1930 bis 27. November 2013

Lexikoneintrag von Thomas Wiedemann am 21. Juni 2013

Der Weg von Walter J. Schütz in der Kommunikationswissenschaft ist „zumeist außerhalb der üblichen akademischen Bahnen verlaufen“ (Schneider/Scherer 2000: 362).

Stationen

Vater Sonderschulrektor in Wattenscheid. 1949 Studium der Publizistikwissenschaft, Germanistik, Geschichte und Geografie in Münster und München (ohne Abschluss). 1953 wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Publizistik in Münster (bis 1957). 1956 Redakteur der Publizistik (bis 1993). 1963 Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Zeitungswissenschaft (DGPuZ). 1964 Schatzmeister der DGPuZ (ab 1972: DGPuK, bis 1991). 1997 Ehrenmitglied der DGPuK. 1960 Hilfsreferent im Referat „Pressedokumentation, Pressearchiv und Bibliothek“ des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung in Bonn. 1967 Regierungsrat. 1969 Beamter auf Lebenszeit. 1970 Oberregierungsrat. 1974 Leiter des Referats „Aktuelle Pressedokumentation, Pressearchiv und Bibliothek“ und Ministerialrat. 1982 Leiter des Referats „Aktuelle Presseinformation“ und 1989 des Referats „Medien“. Seit 1965 Lehraufträge und Lehrtätigkeit in Mainz, Münster, München, Bonn, Bochum, Stuttgart und Hannover. 1983 Ehrendoktorat der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. 1995 Ruhestand und Bestellung zum Honorarprofessor am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Unverheiratet, keine Kinder.

Publikationen

  • Deutsche Tagespresse in Tatsachen und Zahlen. Ergebnisse einer Strukturuntersuchung des gesamten deutschen Zeitungswesens. In: Publizistik 1. Jg. (1956), S. 31-48.
  • Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.): Kommunikationspolitische und kommunikationswissenschaftliche Forschungsprojekte der Bundesregierung. Eine Übersicht über wichtige Ergebnisse. Bonn: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung 1974, 1978, 1986, 1996.
  • Schriften der Deutschen Gesellschaft für COMNET. Konstanz: UVK. Bd. 1. 1982 bis 12. 1999 (herausgegeben mit Otto B. Roegele).
  • Zeitungen in Deutschland. Verlage und ihr publizistisches Angebot 1949-2004. Berlin: Vistas 2005. Zwei Bände.
  • Pressewirtschaft. In: Elisabeth Noelle-Neumann/Winfried Schulz/Jürgen Wilke (Hrsg.): Fischer Lexikon Publizistik und Massenkommunikation. Frankfurt/Main: Fischer 2009, S. 537-564.
  • Medienrecht. Lexikon für Praxis und Wissenschaft. Köln: Heymann 2010. Fünf Auflagen (herausgegeben mit Peter Schiwy und Dieter Dörr).
  • Deutsche Tagespresse 2012. In: Media Perspektiven 11 (2012), S. 570-593.
  • Redaktionelle und verlegerische Struktur der deutschen Tagespresse. Übersicht über den Stand 2012. In: Media Perspektiven 11 (2012), S. 594-603.

Der Weg von Walter J. Schütz in der Kommunikationswissenschaft ist „zumeist außerhalb der üblichen akademischen Bahnen verlaufen“ (Schneider/Scherer 2000: 362). Nach dem Abitur in Deggendorf (dorthin hatte es die Familie 1945 verschlagen) schrieb sich Schütz 1949 zum Studium der Germanistik an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster ein. Schon bald wandte er sich aber ganz der (zunächst nur im Nebenfach gewählten) Publizistikwissenschaft zu und blieb dem von Walter Hagemann geleiteten Institut mit Ausnahme eines zweisemestrigen Aufenthalts an der Ludwig-Maximilians-Universität in München bis 1959 erhalten – als Student, Verwalter einer Assistentenstelle (gemeinsam mit Günter Kieslich) und wissenschaftliche Hilfskraft. Nach Hagemanns Suspendierung vom Universitätsdienst kehrte auch Schütz, der „nie eine wissenschaftliche Laufbahn angestrebt“ hatte (2007: 58), Münster den Rücken, ging nach Bonn und machte beim Presse- und Informationsamt der Bundesregierung Karriere.

Walter Hagemann (Quelle: Privatarchiv Horst Hagemann)

Walter Hagemann (Quelle: Privatarchiv Horst Hagemann)

Wenngleich der bekennende Hagemann-Schüler nicht dazu gekommen war, unter dem Regime des Münsteraner Institutsdirektors in den 1950er-Jahren einen Studienabschluss zu machen, zählte Walter J. Schütz aus mindestens drei Gründen zu den prägenden Persönlichkeiten des Fachs. Als Zeitungsstatistiker machte er sich seit Erscheinen seiner ersten Stichtagssammlung im Jahr 1956 einen Namen (vgl. Roloff 1990: 346). Diese vollständige Übersicht über die redaktionellen und ökonomischen Strukturen auf dem deutschen Zeitungsmarkt (vgl. Dorsch-Jungsberger 1995: 81, Klein 2006: 165) aktualisierte „Mister Pressestatistik“ danach unter großem Aufwand siebenmal (vgl. Schütz 2012). Als Mitinitiator und Vorsitzender des Interministeriellen Arbeitskreises für Kommunikationsforschung im Bundespresseamt betreute Schütz außerdem die Vergabe von Forschungsaufträgen an die Kommunikationswissenschaft und förderte damit die empirische Forschung im Fach (Hausmann 1995: 20). Und schließlich war Schütz als Redakteur der Publizistik, dessen Tätigkeit „weit über die normale Redaktionsarbeit hinausging“ (Schulz 1995: 487), von erheblicher Bedeutung. Von ihrer Gründung im Jahr 1956 an bestimmte er bis 1993 die Publikationspolitik und Gestaltung der Fachzeitschrift mit und kümmerte sich um Herausgeber, Verlagskontakte und Autorenkorrespondenz sowie um das finanzielle Überleben des Blattes (Schütz 2006).

Das DGPuK-Ehrenmitglied war aber schließlich auch rund sechs Jahrzehnte lang Zeuge der Fachentwicklung – so zum Beispiel der Neuanfänge der Disziplin nach 1945, der Gründung der DGPuZ 1963 (Schütz 2000) oder des Auf- bzw. Ausbaus zahlreicher Institute, die Schütz als Lehrbeauftragter seit den 1960er-Jahren kennenlernte. Besonders verbunden fühlte er sich gleichwohl immer noch mit der anwendungsorientierten Wiederbegründung des Fachs am Institut für Publizistik unter Walter Hagemann. Das verdeutlichen nicht nur seine fachgeschichtlichen Veröffentlichungen über die damalige Zeit (Schütz 2002, 2006, 2009), sondern auch die Treffen der sogenannten Hagemann-Kombattanten, also der Publizistik-Studenten aus Münster in den 1950er-Jahren, die vor allem von Schütz in regelmäßigen Abständen und mit großem Erfolg organisiert wurden.

(aktualisiert am 27. November 2013)

Literaturangaben

  • Petra Dorsch-Jungsberger: Die Stichtagssammlung von Walter J. Schütz. Bemerkung zur Karriere eines Paradigmas und eines Wissenschaftlers. In: Beate Schneider/Kurt Reumann/Peter Schiwy (Hrsg.): Publizistik. Beiträge zur Medienentwicklung. Festschrift für Walter J. Schütz. Konstanz: UVK 1995, S. 69-85.
  • Peter Hausmann: Laudatio. Dr. Walter J. Schütz zum 65. Geburtstag. In: Beate Schneider/Kurt Reumann/Peter Schiwy (Hrsg.): Publizistik. Beiträge zur Medienentwicklung. Festschrift für Walter J. Schütz. Konstanz: UVK 1995, S. 19-22.
  • Petra Klein: Henk Prakke und die funktionale Publizistik. Über die Entgrenzung der Publizistik- zur Kommunikationswissenschaft. Münster: Lit 2006.
  • Eckart Klaus Roloff: Walter J. Schütz zum 60. Geburtstag. In: Publizistik 35. Jg. (1990), S. 346-348.
  • Beate Schneider/Helmut Scherer: Zum 70. Geburtstag von Walter J. Schütz. In: Publizistik 45. Jg. (2000), S. 362-363.
  • Walter J. Schütz: Henk Prakke und die Gründung der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. In: Joan Hemels/Arnulf Kutsch/Michael Schmolke (Hrsg.): Entgrenzungen. Erinnerungen an Henk Prakke. Assen: van Gorcum 2000, S. 72-91.
  • Walter J. Schütz: Neuanfang mit brauner Lektüre. Studienbedingungen nach 1945 – ein Erfahrungsbericht. In: Medien & Zeit 17. Jg. (2002), Nr. 2-3, S. 85-91.
  • Walter J. Schütz: 38 = 50 minus 12. Geschichte(n) im Rückblick der „Publizistik“-Redaktion 1956-1993. In: Christina Holtz-Bacha/Arnulf Kutsch/Wolfgang R. Langenbucher/Klaus, Schönbach (Hrsg.): 50 Jahre Publizistik. Wiesbaden: VS Verlag 2006, S. 15-32.
  • Walter J. Schütz: Ich habe immer von Selbstausbeutung gelebt. In: Michael Meyen/Maria Löblich (Hrsg.): „Ich habe dieses Fach erfunden“. Wie die Kommunikationswissenschaft an die deutschsprachigen Universitäten kam. Köln: Herbert von Halem 2007, S. 33-58.
  • Walter J. Schütz: Zeitungsgeschichten und Institutsgeschichten. Publizistik in Münster 1946 bis 1959. In: Klaus Merten (Hrsg.): Konstruktion von Kommunikation in der Mediengesellschaft. Festschrift für Joachim Westerbarkey. Wiesbaden: VS Verlag 2009, S. 263-274.
  • Walter J. Schütz: Deutsche Tagespresse 2012. In: Media Perspektiven 11 (2012), S. 570-593.
  • Winfried Schulz: Zum 65. Geburtstag von Walter J. Schütz und zu seiner Bestellung zum Honorarprofessor. In: Publizistik 40. Jg. (1995), S. 487-489.

Weiterführende Literatur

  • Klaus Beck/Christina Holtz-Bacha/Arnulf Kutsch/Klaus Schönbach/Michael Meyen/Gunter Reus: Walter J. Schütz 80 Jahre. In: Publizistik 55. Jg. (2010), S. 432-444.
  • Winfried B. Lerg: Walter J. Schütz von der Universität Münster ausgezeichnet. In: Publizistik 28. Jg. (1983), S. 415-416.
  • N.N.: Biographische Notizen über die Verfasser der größeren Arbeiten. Walter J. Schütz. In: Publizistik 4. Jg. (1959), S. 128.
  • Beate Schneider/Kurt Reumann/Peter Schiwy (Hrsg.): Publizistik. Beiträge zur Medienentwicklung. Festschrift für Walter J. Schütz. Konstanz: UVK 1995.
  • Walter. J. Schütz: Hagemann war ein Kameltreiber. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2014. http://blexkom.halemverlag.de/walter-hagemann_hagemann-war-ein-kameltreiber/ (Datum des Zugriffs).
  • Josef Seethaler: Walter J. Schütz 75 Jahre. In: Publizistik 50. Jg. (2005), S. 480-481.
  • Thomas Wiedemann: Walter Hagemann. Aufstieg und Fall eines politisch ambitionierten Journalisten und Publizistikwissenschaftlers. Köln: Herbert von Halem 2012.

Weblinks

Empfohlene Zitierweise

    Thomas Wiedemann: Walter J. Schütz. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2013. http://blexkom.halemverlag.de/walter-schutz/ (Datum des Zugriffs).