Neue Studiengänge

Der zweite Teil der Geschichte des Fachs in den Niederlanden zeigt, dass der Bedarf nach Journalisten und Kommunikationsprofis zur Etablierung zahlreicher Ausbildungsmöglichkeiten außerhalb der Kommunikationswissenschaft führte – an Fachhochschulen, in geisteswissenschaftlichen Nachbardisziplinen oder in den Wirtschaftswissenschaften.


Im Gegensatz zu Henk Prakke oder Marten Brouwer hatte Maarten Rooij nicht den Anspruch, einen Beitrag zur Theoriebildung liefern zu wollen. Seine eigene und von ihm initiierte Forschung war beschreibend-analytisch, normativ oder juristisch. Er wurde, auch international betrachtet, als Fachmann auf dem Gebiet der freien Meinungsäußerung geschätzt. Seinem Stab ließ er ein großes Maß an Freiheit. Vielleicht ist das der Grund, warum kein kohärenter Forschungsplan zustande kam, obwohl einige hervorragende Projekte mit hohem Aktualitätswert durchgeführt wurden. Sie wurden meistens aus Drittmitteln finanziert und manchmal zusammen mit dem im ersten Teil erwähnten 1948 gegründeten Institut für Pressewissenschaft veröffentlicht. Dieses Institut war auch verantwortlich für die Redaktion und Herausgabe der Zeitschrift Gazette (vgl. Wieten 2005) und bot außerdem bis 1969 einen Lehrgang Journalistik an. Für die damals recht einzigartige internationale Bibliografie in dieser Zeitschrift war Frans Bergsma viele Jahre verantwortlicher Redakteur.

1. Die Journalistenausbildung im Alleingang innerhalb von Fachhochschulen

Einladung zur Antrittsvorlesung von Maarten Rooij am 31. März 1958 an der Universität Amsterdam

Rooij hat immer eine ordentliche Fachausbildung mit Ganztagsunterricht für Journalisten bevorzugt. Dank seiner Bemühungen wurde 1966 die dreijährige Journalistenschule School voor de Journalistiek in Utrecht eröffnet (vgl. weiterführend Hemels 1972, 1993). Für diesen Standort in der Mitte des Landes gab es keine praktischen Gründe. Die Entscheidung für diese Stadt war ein Kompromiss und hatte den Nachteil, dass die Universität Utrecht (damals noch Rijksuniversiteit Utrecht, seit Mitte der 1990er-Jahre Universiteit Utrecht) keine vorkommunikationswissenschaftliche Studienrichtung(en) besaß. Es wurde nur das Wahlfach Lehre der Publizität (Publiciteitsleer) angeboten – seit 1958 von dem Privatdozenten Govert de Bruyn (vgl. Hemels 1972) in der Fakultät der Sozialwissenschaften. Das mit der Universität Amsterdam liierte Institut für Pressewissenschaft bot seit 1948 eine zweijährige kursorische Ausbildung als duales Studium für bereits berufstätige Journalisten an. Studenten der Universität konnten diese Möglichkeit als berufspraktisches Studium wählen, und zwar als Ergänzung ihres Universitätsstudiums. Das Katholische Institut für die Journalistik (Katholiek Instituut voor de Journalistiek), verbunden mit der Universität Nijmegen, war seit 1947 ebenso auf diesem Gebiet tätig, wie schon im ersten Teil dieses Features erwähnt wurde. Obwohl beide Institutionen einen Anspruch auf die Einrichtung einer Vollzeitausbildung für Journalisten erheben konnten, fiel die Wahl auf Utrecht. Die Universitäten zeigten damals noch kein ernst gemeintes Interesse an einem akademischen Journalistikstudiengang, obwohl dies sowohl in Nijmegen als auch in Amsterdam bereits vorstellbar war. Wegen der Kostenfrage wurden zwei dieser Ausbildungsstätten jedoch von Anfang an nicht angestrebt. Absprachegemäß liefen beide Ausbildungen in Teilzeit aus, als 1969 die ersten Utrechter Absolventen auf den Arbeitsmarkt kamen.

Einladung für Herrn und Frau Prakke zum Abendessen anlässlich der Antrittsvorlesung von Maarten Rooij an der Universität Amsterdam

Religiöse und weltanschauliche Überlegungen waren den Gründungsvätern der Journalistenschule in Utrecht nicht völlig fremd. Sie wurde ausdrücklich unter der Bezeichnung „Flügelschule“ (vleugelschool) proklamiert. Damit war gemeint, dass Studenten mit verschiedenen kirchlich-religiösen Hintergründen so viele gemeinsame Fächer wie möglich belegen konnten, während im Studienprogramm zudem genügend Freiraum für welt- und lebensanschauliche Fächer für bestimmte religiöse und humanistische Gruppen übrig blieb. Die Flügelschule war also implizit auch als Journalistenschule für alle nicht politisch oder religiös geprägten Medien und für alle Medien verschiedener Gesinnung gedacht. Einerseits spielten bei der Planung Kostengründe eine Rolle: Durch die gewählte Konstruktion brauchte man nicht mehrere Einrichtungen mit einer katholischen, protestantischen und neutralen Signatur zu gründen. Andererseits wollte man den Arbeitsmarkt nicht mit Studenten überhäufen: Es gab in den ersten Jahren auch deshalb strenge Zulassungsbeschränkungen.

Antrittsvorlesung von Maarten Rooij (1958), von Henk Prakke aufbewahrt

Die Erwartungen der Vertreter der Journalistenvereine, der Tageszeitungsverleger und der Universitäten im Vorstand der ersten Journalistenschule erwiesen sich bald als nicht erfüllbar. Die Gründer hatten einerseits die Säkularisierungstendenz in der niederländischen Gesellschaft unterschätzt und andererseits nicht mit schon latent vorhandenen Bestrebungen im orthodoxen Protestantismus gerechnet, die eigene Identität zu stärken. Dass die Journalistenschule im Trubel der Studentenrevolution von 1969 während der 1970er-Jahre ein linkes Image bekam, konnte niemand vorhersehen. Es wurde diskutiert über das Verhältnis Europas zur Dritten Welt, die Kulturrevolution in China, Fidel Castro in Kuba, den Vietnamkrieg usw. Nicht jeder sah die Notwendigkeit dieser Diskussionsfreude unter den Studenten der ersten Journalistenschule ein.

Umschlag des Buchs De journalistieke eierdans (Hemels 1972) zur Entwicklung der Debatte über die Journalistenausbildung und die universitäre Lehre und Forschung auf dem Gebiet der Presse und des Journalismus in den Niederlanden seit 1900

Letztendlich ergriffen Protestanten und Katholiken die gesetzliche Möglichkeit, eigene staatlich anerkannte und subventionierte Journalistenschulen zu gründen, und zwar auf Basis des seit 1917 in den Niederlanden im Gesetz verankerten Rechts der freien Einrichtung des Unterrichts auf allen Ebenen und für alle Bevölkerungsgruppen, die Wert legen auf Schulen ihrer eigenen Gesinnung. Ab 1978 bot die Evangelische Schule für Journalistik (Evangelische School voor Journalistiek) in Amersfoort eine christlich-orthodoxe Journalismusausbildung an. Diese wurde 1995 als Academie Journalistiek & Communicatie in die christliche Fachhochschule Ede (Christelijke Hogeschool Ede) in Ede integriert (vgl. Hemels 1974/1975; Wijfjes 2004; Meerbach 2009). 1980 öffnete die als katholische Ausbildungseinrichtung konzipierte Academie voor Journalistiek (heute: Fontys Hogeschool Journalistiek) in Tilburg ihre Türen. Ein Jahr später folgte die protestantisch-christliche Akademie in Kampen, die 1989 nach Zwolle umzog und dort in die christliche Fachhochschule Hogeschool Windesheim integriert wurde. Im Rahmen der Hochschulreform in den 1980er-Jahren wurde das dreijährige Studienprogramm der genannten vier Fachhochschulen um ein Jahr verlängert.

Maarten Rooij, wahrscheinlich bei seinem Abschied 1971 (Foto: Ab Koers, Bijzondere Collecties Universiteit van Amsterdam, Inv.-Nr. 133.839)

Dem wichtigsten Befürworter der Journalistenausbildung, dem liberal eingestellten Rooij (und vielen mit ihm), war das Ende der Utrechter Journalistenschule auf Basis der Idee Flügelschule ein Gräuel. In einer Zeit, als die Entsäulung der niederländischen Gesellschaft mit schnellen Schritten voranging, zeigte sich in der Ausbildung von Journalisten, Radio- und Fernsehprogrammmachern, Sprechern und anderen professionellen Kommunikatoren eine Tendenz zur Versäulung (verzuiling), wobei die weltanschaulich und kirchlich unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen versuchten, ihre eigenen Institutionen (Gewerkschaften, Sportvereine, Bibliotheken, Schulen, Universitäten, Tageszeitungen, Zeitschriften, Rundfunkorganisationen) zu gründen und aufrechtzuerhalten. Die Entsäulung (ontzuiling) übte seit Anfang der 1960er-Jahre allmählich immer mehr Gegendruck aus, obwohl Unterricht und Rundfunk vorläufig noch stark von der Versäulung geprägt blieben.

Der Konzentrationsprozess in der Tagespresse vollzog sich außerdem schon während der 1960er-Jahre und führte zum Verlust vieler Zeitungen und Zeitschriften der Gesinnungspresse. Vielfalt in der Zeitung, dasselbe Produkt für eine breitere Leserschaft, gerichtet an verschiedene Zielgruppen, wurde das neue Bestreben der Tageszeitungsunternehmen, die den Konzentrationsprozess überlebten. Inzwischen wählen Studenten für ihre Ausbildung Journalistik meist aufgrund pragmatischer Überlegungen eine Fachhochschule, zum Beispiel wegen der geografischen Nähe.

2. Das Aufblühen geisteswissenschaftlicher und verwandter Studienrichtungen

Journalistische Arbeitsfelder bei den Printmedien, aber auch beim Rundfunk, übten seit Beginn des Studiums Kommunikationswissenschaft und dessen vorangegangenen Studienrichtungen auch auf Absolventen der Kommunikationswissenschaft eine große Anziehungskraft aus. Sie standen dabei in Konkurrenz mit den Bewerbern, die Politologie, Geschichtswissenschaft, Betriebwirtschaftslehre oder eine andere Disziplin studiert hatten – ohne in den Redaktionen mehr Chancen zu haben. Das Bestehen und der vom Staat in der ersten Hälfte der 1980er-Jahre geförderte Ausbau der höheren Berufsausbildungen, darunter die vier für Journalistik, hatten Folgen für die Entwicklung der Kommunikationswissenschaft, die gleichzeitig als neue eigenständige Fachrichtung befürwortet und schließlich anerkannt wurde. Dabei spielte auch die traditionelle Trennung zwischen dieser Form von höherer Bildung im Rahmen der (späteren) Fachhochschulen einerseits und der universitären Lehre anderseits eine Rolle. Dies führte dazu, dass die Pioniere der Kommunikationswissenschaft das Fach nach seiner Anerkennung nicht wie eine Berufsausbildung für Journalistik entwickelten. Dafür fehlten ihnen sowohl die notwendige technische Ausstattung mit Lehrredaktionen und Rundfunkstudios als auch Personal mit Fachkenntnissen auf dem Gebiet des Journalismus.

Der Distanz der Universitäten zur Ausbildung in Journalistik änderte sich seit Anfang der 1990er-Jahre, als die Arbeitsmöglichkeiten im Bereich der Medien unendlich schienen und sich eine gewisse Tendenz zur Akademisierung in den Redaktionen der Qualitätszeitungen offenbarte. Einzelne Absolventen verschiedener Studienrichtungen an Universitäten fanden, ohne Journalistik studiert zu haben, oft einen Weg Richtung Journalismus. Gleichzeitig erwarteten die Verantwortlichen für verschiedene geisteswissenschaftliche Studienrichtungen günstige Arbeitsmöglichkeiten für ihre Studenten im Bereich des Journalismus. Durch die staatliche Finanzierungsmethode lohnte es sich für die Universitäten, ihre Studentenzahlen aufzustocken. Abiturienten mit nicht ausreichenden Kenntnissen der Mathematik und Statistik wurden nicht zu einem sozialwissenschaftlichen Studium, wie zum Beispiel Kommunikationswissenschaft, zugelassen. Bei den Geisteswissenschaften waren sie bald nicht nur für Film-, Theater- und/oder Fernsehwissenschaft wilkommen. So entwickelten sich seit dem Ende der 1980er-Jahre Cultural Studies und seit den 1990er-Jahren Media Studies in der Fakultät der Geisteswissenschaften an der Universität Amsterdam zu den beliebtesten Studiengängen. Es kam dabei nicht zu einer strukturellen Zusammenarbeit mit der Kommunikationswissenschaft in der Fakultät der Gesellschafts- und Verhaltenswissenschaften (Faculteit der Maatschappij- en Gedragswetenschappen).

Die Universitäten in Rotterdam (Erasmus Universität Rotterdam) und Groningen (Rijksuniversiteit Groningen) spielten seit 1990 bzw. 1991 bei der universitären Journalistenausbildung eine Vorreiterrolle. In Zusammenarbeit mit einigen Tageszeitungen entwickelte die Fakultät der Historischen und Kunstwissenschaften (Faculteit der Historische en Kunstwetenschappen) der Rotterdamer Universität einen einjährigen postakademischen Studiengang zur Ausbildung einer neuen Generation von Tageszeitungsjournalisten. Zu diesem Aufbaustudium Postacademische Dagblad Opleiding Journalistiek (PDOJ) der Erasmus Academie (Erasmus-Akademie) werden jedes Jahr nur etwas mehr als 20 Absolventen verschiedener universitärer Studienrichtungen zugelassen. In Groningen handelte es sich um ein Studienprogramm der Abteilung Journalistik, speziell für Tageszeitungen, Hörfunk und Fernsehen, verankert in der geisteswissenschaftlichen Fakultät. Das Masterstudium Journalistik bezieht sich inzwischen auch auf multimediale Tätigkeiten im Journalismus. Für die Forschung wurde das Groninger Center for Journalism Studies gegründet.

Dem Groninger Modell folgten früher oder später meistens noch mit weniger Erfolg die geisteswissenschaftlichen Fakultäten der Freien Universität in Amsterdam, der Universität Amsterdam (Journalismus und Medien), der Universität Nijmegen – angefangen mit Unternehmenskommunikation (Bedrijfscommunicatie) – und der Universität Leiden – seit 2002 als Masterstudium Journalistik und neue Medien. Die Einführung des Bachelor- und Mastersystems im erwähnten Jahr in den Niederlanden förderte das Angebot auf dem Gebiet der Journalistik – von Minorprogrammen bis zu vollständigen Masterstudiengängen oder Mastertracks. Hohe und inzwischen zu hohe Erwartungen in Bezug auf Berufsmöglichkeiten steuerten die Nachfrage.

Die Frage, ob es sich in allen Fällen um eine vollständige Fachausbildung für verschiedene Medien handelt, lässt sich nicht im Allgemeinen beantworten. Wer ein Praktikum macht und mit einem Fachmann oder mit einer Fachfrau mit didaktischen Qualitäten als Praktikumsbegleiter(in) zusammenarbeitet, ergänzt seine Studienzeit erfolgreich mit learning on the job. Der Faktor Begabung spielt, jedenfalls in Kombination mit Motivation, zweifelsohne auch eine wichtige Rolle.

Beliebt bei Studenten der geisteswissenschaftlichen Fakultät sind auch Media Studies – an der Universität Amsterdam, der Universität Maastricht, der Erasmus Universität Rotterdam, der Universität Utrecht und der Universität Leiden, Communicatie- en Informatiewetenschappen (Kommunikations- und Informationswissenschaften) – an der Universität Groningen, der Freien Universität in Amsterdam, der Universität Utrecht, der Universität Nijmegen und an Tilburg University [1]). Gerade in den geisteswissenschaftlichen Fakultäten ist das Angebot auf dem Gebiet der Studiengänge mit den Stichwörtern Kommunikation und Information ausgeufert. Unter dem Oberbegriff Kommunikations- und Informationswissenschaften werden medienwissenschaftliche Studien angeboten. In Groningen zum Beispiel handelt es sich bei diesem Master mit dem viel- oder alles versprechenden Aushängeschild um Information Science, Kommunikationskunde, Kommunikation und Bildung sowie Computerkommunikation. Das einjährige Masterstudium Communicatie- en Informatiewetenschappen (CIW) der Universität Nijmegen bietet die folgenden Varianten: Communicatie en Beïnvloeding (Kommunikation und Beeinflussung), Nieuwe Media, Taal en Communicatie (Neue Medien, Sprache und Kommunikation) und englischsprachig International Business Communication. Schwerpunkte im Bachelorprogramm sind Unternehmenskommunikation im internationalen Kontext, Unternehmenskulturen und interkulturelle Kommunikation – immer verbunden mit einer Sprache.

Die vielen geisteswissenschaftlichen Masterstudiengänge, die sich abseits der Kommunikationswissenschaft entwickelten, werden unterschiedlich – und nicht immer als „hervorragend“ – beurteilt, wie man Zeitungsveröffentlichungen anlässlich eines 2014 veröffentlichten Berichts des niederländisch-flämischen Organs zur Sicherung der Qualität des Hochschulunterrichts (Nederlands-Vlaamse Accreditatieorganisatie, NVAO) entnehmen konnte (vgl. Provoost 2014). Die skizzierte, schon als „Wildwuchs“ kritisierte Annäherung universitärer Studienprogramme an bestimmte, bei Jungerwachsenen populäre Berufsfelder droht in den Niederlanden die herkömmliche Trennung von Unterricht an Universitäten und an Fachhochschulen weiter zu unterlaufen. Über diese Entwicklung wird seit Kurzem innerhalb der Universitäten und in den Medien, aber noch nicht auf Ebene der Politik, behutsam diskutiert.

Anne van der Meiden (Foto: privat)

Die Medienbranche ist ein stark umworbener Berufsmarkt geworden. Ein abgeschlossenes Studium ohne berufsvorbereitende Module reicht nicht mehr aus. Was auch zählt, sind Praxiserfahrungen. Deshalb sind Praktikantenstellen gefragt. Nicht nur journalistische Arbeitsfelder übten und üben große Anziehungskraft auf Studierende verschiedener universitärer Studiengänge aus. Anne van der Meiden (Jahrgang 1929) war schon von 1978 bis 1994 Stiftungsprofessor für die Lehre der Public Relations an der Universität Utrecht und ein überzeugter Befürworter der Aus- und Weiterbildung für Kommunikationsberufe im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit an seiner Universität und an Fachhochschulen (vgl. Van der Meiden/Fauconnier 19942). Er studierte Theologie und wurde promoviert mit einer Dissertation über Ethik, Propaganda und Apostolat (vgl. Van der Meiden 1972). Während er seit 1973 als Nachfolger des schon erwähnten De Bruyn das Wahlfach (Lehre der) Massenkommunikation (statt Publiciteitsleer) in der Fakultät der Sozialwissenschaften lehrte, wurde er 1978 Stiftungsprofessor für die Lehre der Öffentlichkeitsarbeit. Er gründete 2003 die Arbeitsgruppe Massenkommunikation (Werkgroep Massacommunicatie) – fünf Jahre später mit der Hinzufügung „und Public Relations“. Es handelte sich um eine Einheit, die zwar erfolgreich war, aber nach Van der Meidens Emeritierung im Jahr 1994 was Public Relations anbelangt de facto aufgelöst wurde. In seine Fußstapfen trat Albertina A. (Betteke) van Ruler (Jahrgang 1948), jedoch nicht an der Universität Utrecht, wie vielleicht zu erwarten gewesen wäre, sondern an der Universität Twente, der Freien Universität und der Universität Amsterdam. An der Universität Utrecht kam Kommunikationswissenschaft in der sozialwissenschaftlichen Fakultät letztendlich nicht zur Entwicklung, obwohl es Ansätze dazu gab. Der deutsche Medienpsychologe Jo Groebel (Jahrgang 1950) war von 1991 bis 1999 Inhaber des Lehrstuhls für Medienpsychologie (vgl. Groebel 2014). Sein Versuch (und Auftrag), ein vollständiges kommunikationswissenschaftliches Studium in der sozialwissenschaftlichen Fakultät zu gründen, scheiterte.

Ein Wissenschaftler der jüngeren Generation, Cees B. M. van Riel, hat sich an der Erasmus Universität Rotterdam um einen Brückenschlag zwischen den kommunikationstheoretisch arbeitenden Akademikern und den an Weiterbildung interessierten Kommunikationsprofis verdient gemacht. Abwechselnd agierend zwischen dem Elfenbeinturm der Akademie und den Kommunikationsabteilungen in Unternehmen und Organisationen, lieferten Van Ruler und Van Riel aufgrund ihrer Veröffentlichungen und Lehrangebote einen wichtigen Beitrag zur Anerkennung und Professionalisierung verschiedener Kommunikationsberufe.

Van Riel (Jahrgang 1951) leistete seit Anfang der 1990er-Jahre in Forschung und Lehre Pionierarbeit für die Entwicklung des Fachgebiets Corporate Communication, insbesondere Corporate Reputation (vgl. weiterführend Hemels 2001). Er entdeckte frühzeitig die Bedeutung von Unternehmenskommunikation und Reputationsmanagement für diejenigen, die Betriebswirtschaftslehre studieren oder schon in Kommunikationsberufen tätig sind und ein Bedürfnis nach Weiterbildung haben. Das Corporate Communication Centre der Erasmus Universität Rotterdam (Rotterdam School of Management) und damit verbunden das Reputation Institute machte er zu einem Erfolg, ebenso wie das International Executive Masters Programme in Corporate Communication (vgl. Van Riel 1995, 20013, 20104, 2012). Seine oft auch in Zusammenarbeit mit Charles J. Fombrun durchgeführte Forschung wird von Wissenschaftlern sowie von Kommunikationsmanagern geschätzt (vgl. Van Riel/Fombrun 2007; Fombrun/Van Riel 20082). Das Fachgebiet Strategic Business Communication entwickelte sich seit einem Vierteljahrhundert im Großen und Ganzen außerhalb der Kommunikationswissenschaft. Es handelt sich dabei um „an umbrella term that is used (…) to describe the application of communication as a management tool for solving organizational problems“ (Van Riel/Hemels 2000: 5). Die Lehre und Forschung auf dem Gebiet der Arbeit von Lobbyisten wurde von Kommunikationswissenschaftlern eine Zeit lang vernachlässigt. Mit lobbying in politischen Kreisen in Brüssel und Den Haag beschäftigte sich Rinus van Schendelen zwischen 1980 und 2009 im Rahmen seiner Professur für Politologie an der sozialwissenschaftlichen Fakultät der Erasmus-Universität Rotterdam. 2014 wurde Arco Timmermans auf Initiative des Berufsvereins der 600 Public-Affairs-Praktiker auf eine Stiftungsprofessur für Lobbying an der Universität Leiden berufen.

3. Die Dynamik neuer Tendenzen in der Kommunikationswissenschaft

Wie oben festgestellt, wurden im letzten Vierteljahrhundert außerhalb der sozialwissenschaftlichen Kommunikationswissenschaft – namentlich in den geisteswissenschaftlichen Fakultäten, aber auch in der Betriebswirtschaftslehre und in den Managementwissenschaften – verschiedene kommunikationswissenschaftlich angehauchte Studiengänge mit einer Orientierung auf bestimmte Berufsfelder entwickelt. Das Bedürfnis nahm zu, während des Studiums und im Berufsleben „etwas mit Kommunikation“ zu tun zu haben. So fanden die neuen kommunikationswissenschaftlichen Studiengänge der geisteswissenschaftlichen Fakultäten schnell Anklang.

Inzwischen wurde der externe Druck immer mehr spürbar, Wissenschaftsgebiete stärker gesellschaftlich zu verankern – zu validieren im akademischen und politischen Sprachgebrauch. Vielleicht waren die Kommunikationswissenschaftler ihrerseits auch deshalb bereit, das Lehrangebot in Hinblick auf Berufsmöglichkeiten der Absolventen neu zu überdenken. Insbesondere seit der Einführung der Bachelor-/Masterstruktur in den Niederlanden am Anfang des Studienjahres 2002/03 waren die Lehrenden flexibler bei der Auswahl ihrer Spezialgebiete. Außerdem wurde in der Umschreibung der Professorenstellen die angewandte Dimension der Teilgebiete ausdrücklich betont. Die Universität Twente etablierte schon seit 1993 die „angewandte Kommunikationswissenschaft“ in den Niederlanden. Sie verzichtete jedoch 15 Jahre später ohne Aufsehen zu erregen auf das Adjektiv. Im Bachelorprogramm Kommunikationswissenschaft und im Masterstudium Communication Studies blieb die Orientierung auf bestimmte Berufsfelder jedoch erhalten. Außerdem hegten die universitären Studiengänge weiterhin die Methoden und Techniken der sozialwissenschaftlichen Forschung. Die Erweiterung der Spezialisierungen der Kommunikationswissenschaft – ohne das Adjektiv angewandt – oder Communication Studies während des letzten Jahrzehnts verleiht dem Fach inzwischen zweifelsohne eine neue Dynamik. Sie bietet Freiraum für eine Offene-Tür-Politik, wenn es um Berufungen der Professoren geht: Wissenschaftler aus anderen Fachgebieten könnten auch gefragt sein. Wozu diese Entwicklung führen wird, wenn man an das Risiko einer Fragmentierung des Faches denkt, lässt sich noch nicht abschätzen.

Die oben schon erwähnte Nicht-Kommunikationswissenschaftlerin Van Ruler bemühte sich 1996 in ihrer Dissertation, die empirische Forschung auf dem Gebiet der Organizational Communication, mit den Schwerpunkten Öffentlichkeitsarbeit, externe Kommunikation und Kommunikationsmanagement, auch aus einer kommunikationswissenschaftlichen Annäherung heraus voranzutreiben. Sie lehrte als Associate Professor an der Freien Universität in Amsterdam, als sie 2003 an der Universität Twente auf eine Stiftungsprofessur berufen wurde. Zwischen 2003 und 2013 war sie als Professorin für Kommunikationswissenschaft, insbesondere Kommunikation und Organisation, an der Universität Amsterdam tätig (vgl. Van Ruler 1996, 2005, 2012; Van Ruler/Tkalac/Vercic 2008; Zerfass/Van Ruler/Sriramesh 2008; Van Ruler/Körver 2014). 2013 veröffentlichte Van Ruler einen 2014 auch auf Englisch übersetzten alternativen Ansatz für Kommunikationsmanagement (20152). Wegen ihrer Verdienste als Vermittlerin zwischen der Wissenschaft und der Praxis der communication professionals wurde sie 2013 königlich ausgezeichnet. 1968 hatte sie ihren Werdegang in einem praktischen Kommunikationsberuf angefangen.

Öffentlichkeitsarbeit als Praxis, gelehrt von Dozenten, die sich als Berufstätige in diesem Fachgebiet bewährt hatten, bekam während dieser Jahre auch einen Platz im Studienprogramm der Universität Amsterdam. In diesem Zusammenhang ist Ben Warner (Jahrgang 1946) zu erwähnen. Er lehrte seit 2001 fast ein Dezennium als Dozent für strategische Kommunikation an der Universität Amsterdam. Auf die von dem Berufsverein der Kommunikationspraktiker Logeion an dieser Universität ins Leben gerufenen Stiftungsprofessur für dieses Fachgebiet wurde Noelle (M. N. C.) Aarts (Jahrgang 1957) 2008 berufen. Sie ist hauptberuflich an der Universität Wageningen (Wageningen University and Research Centre) tätig (vgl. Aarts/Steuten/Van Woerkum 20143). Durch die Berufung von Rens Vliegenthart (Jahrgang 1980) 2013 zum Professor für Kommunikationswissenschaft, insbesondere Medien und Gesellschaft, bekommt nun auch die Medienberichterstattung über Firmen sowie gesellschaftliche Organisationen und Zivilbehörden in der Kommunikationswissenschaft an der Universität Amsterdam systematische Aufmerksamkeit in Lehre und Forschung. Seit September 2013 bildet Corporate Communication ein eigenes Forschungsprogramm innerhalb der Forschungsschule The Amsterdam School of Communication Research (ASCoR). Im Jahr 2014 wurde der Kommunikationswissenschaft an der Universität Amsterdam ein full professor für Health Communication zugewiesen. Bas (S. J. H. M.) van den Putte (Jahrgang 1960), dem seit einem Jahr schon eine Stiftungsprofessur zuerkannt worden war, wurde der erste Lehrstuhlinhaber.

Die Tendenz in der niederländischen Kommunikationswissenschaft, bestimmte Arbeitsgebiete in Lehre und Forschung ausdrücklich zu berücksichtigen und mit Lehrstuhlen zu besetzen, setzt sich in den letzten Jahren durch. Neben politischer und persuasiver Kommunikation entwickelt sich zum Beispiel Organizational Communication allmählich als ein erwachsenes field of study in der Kommunikationswissenschaft. Abzuwarten ist, wie sich diese kommunikationswissenschaftliche Spezialisierung von dem sozialpsychologischen Teilgebiet der Industrial and Organizational Psychology unterscheiden wird. Dies gilt ebenso für die Schwerpunkte Kommunikation und Gesundheit, Kommunikation und Verbraucherverhalten oder Werbung als kommerzielle persuasive Kommunikation. Bei der letzten Spezialisierung ist eine Annäherung an die Werbepsychologie ein naheliegender Gedanke.

Fred (A. E.) Bronner (Jahrgang 1946), der nach seinem Studium der Politologie an der Universität Amsterdam im kommerziellen Bereich der Marktforschung und öffentlichen Meinungsforschung Karriere gemacht hatte, wurde 2002 zum Professor für Kommunikationswissenschaft, insbesondere Medien- und Werbeforschung, an der Universität Amsterdam berufen. Bronner wurde 2011 emeritiert. Der Kommunikationswissenschaftlerin Edith Smit wurde 2006 der Stiftungslehrstuhl Customer Media an dieser Universität zuerkannt. Im Rahmen der Weiterentwicklung des Fachgebietes der persuasiven Kommunikation wurde sie 2009 als Nachfolgerin von Giep (M. P.) Franzen Professorin für Medien und Werbung, und zwar im Rahmen der Kommunikationswissenschaft. Dem Werbefachmann Franzen (Jahrgang 1932) wurde 1993 eine Stiftungsprofessur für kommerzielle Kommunikation zuerkannt.

Die 2002 neu eingerichtete Studienrichtung Kommunikationswissenschaft der Freien Universität in Amsterdam (vgl. Bak 2013) kennt seit einigen Jahren Medienpsychologie als eine von vier Masterspezialisierungen Kommunikationswissenschaft – neben politischer und öffentlicher Kommunikation, Corporate Communication und neue Medien sowie Marketing & Gesundheitsaufklärung. Vor seinem Wechsel nach Mannheim war der deutsche Psychologe und Soziologe Peter Vorderer (Jahrgang 1959) zwischen 2007 und 2010 Professor für Kommunikationswissenschaft sowie Direktor des interdisziplinären Centers for Advanced Media Research Amsterdam (CAMeRA) an der Freien Universität. Er beschäftigte sich eingehend mit der Interdisziplinarität der Kommunikationswissenschaft (vgl. Vorderer/Klimmt/Hartmann 2006).

Obwohl die Kommunikationswissenschaftler nach der Anerkennung ihres Fachs nicht die Ambition hatten, Journalisten auszubilden, wurde Journalismus immer mehr Objekt ihrer Forschung und Lehre. Seit 2007 entwickelt Irene Costera Meijer (Jahrgang 1956), die von der Kommunikationswissenschaft an der Universität Amsterdam kam, Forschung auf dem Gebiet des Journalismus, insbesondere der Nachrichtenvermittlung, an der Freien Universität systematisch weiter. Ihr Lehrstuhl für Journalistik (Journalism Studies) in der geisteswissenschaftlichen Fakultät bietet Studenten die Möglichkeit, in der Abteilung Sprache und Kommunikation (Taal & Communicatie) unter dem übergreifenden Begriff Informations- und Kommunikationswissenschaften die Bachelorspezialisierung und das Masterstudium Journalistik zu absolvieren (vgl. Costera Meijer 2009).

Die Freie Universität experimentierte schon vorher mit einem Masterstudium Journalistik, und zwar insbesondere in Hinblick auf Absolventen der Journalistikausbildung der School of Media der christlichen Fachhochschule Windesheim in Zwolle. Diese Christelijke Hogeschool Windesheim und die Freie Universität waren vorübergehend fusioniert wurden. Als Lektor Media & Civil Society lehrt und forscht Costera Meijer außerdem an der Fachhochschule in Zwolle, die ihre erste Professur als Stiftungsprofessur ermöglichte. Seit 2013 arbeitet ihre Forschungsgruppe auch zusammen mit dem Masterstudiengang Journalistik an der Universität Groningen, und zwar für ein umfangreiches Forschungsprojekt (vgl. weiterführend Bardoel/Wijfjes 20152).

An der Universität Leiden lehrte Mark J. P. Deuze (Jahrgang 1969) das Fach Journalistik und neue Medien, bevor er 2013 in der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Amsterdam als Professor für Media Studies (Mediastudies), insbesondere Journalistik, ernannt wurde. Ausnahmsweise studierte Deuze Journalistik an einer Fachhochschule, bevor er das Studium der Geschichte (und als zweites Studium Kommuniktionswissenschaft) absolvierte und 2002 an der Universität Amsterdam promoviert wurde (vgl. Deuze 2002). Drei Jahre später wechselte er an die Indiana University in Bloomington, Indiana (Vereinigte Staaten), wo er zehn Jahre lehrte. Unabhängig vom Lehrangebot auf dem Gebiet der Journalistik in der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Amsterdam verankerte die Abteilung Kommunikationswissenschaft der Fakultät der Gesellschafts- und Verhaltenswissenschaften das Fachgebiet Journalismus als Studiengegenstand stärker im Lehrangebot, aber sie hielt sich bewusst fern von einer praxisorientierten Ausbildung. Im Rahmen der Einführung des Bachelor- und Mastersystems im Studienjahr 2002/03 wurde das Teilgebiet Medien, Journalismus und öffentliche Meinung eine der Spezialisierungen des einjährigen Masterprogramms Kommunikationswissenschaft. Daneben gab es Kommerzielle Kommunikation & Informationsarbeit mit besonderer Aufmerksamkeit für Werbung und Informationskampagnen, Medienunterhaltung – oder Media Entertainment – und Populärkultur.

Jo Bardoel (Foto: privat)

An der Universität Nijmegen entwickelte Jo L. H. Bardoel (Jahrgang 1951) zwischen seiner Berufung 2009 auf dem neuen Lehrstuhl Journalistik und Medien und seinem Rücktritt Ende 2014 eine Mastervariante mit Journalistik als wichtigem Bestandteil. Bardoel, der mit seinen englischsprachigen Veröffentlichungen einen internationalen Ruf bekam, war auch mit der Universität Amsterdam verbunden, wo er sich insbesondere mit Journalismus, der Rolle der Journalisten in der Gesellschaft und mit Medienpolitik beschäftigte. Nachdem die Kommunikationswissenschaftler der Universität Nijmegen 2008 mit einem Minor [2] Journalistik begonnen hatten, kam 2009 die selektive Mastervariante Journalistik und Medien – neben der Mastervariante Medien und Gesellschaft – zustande.

Die Masterspezialisierung Journalismus und Organisation, die aus dem Oberstudium Unternehmenskommunikation der geisteswissenschaftlichen Fakultät entstanden war, wurde im Rahmen der Einführung der interfakultären Mastervariante Journalistik und Medien aufgelöst. Die neue Mastervariante, die auf das journalistische Berufsfeld abzielte, war vorübergehend das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen der Fakultät der Sozialwissenschaften (Sektion Kommunikationswissenschaft) und der geisteswissenschaftlichen Fakultät. Die letztere Fakultät hatte, wie schon erwähnt wurde, Unternehmenskommunikation als Oberstudium entwickelt, und zwar um die Berufsmöglichkeiten ihrer Absolventen außerhalb des Lehrerberufs zu verbessern. Unternehmenskommunikation entwickelte sich zum Fachgebiet Kommunikations- und Informationswissenschaften mit einem Bachelor- und Masterprogramm. Studierende beider erwähnten Fakultäten belegten im Zeitraum von drei Jahren für die Mastervariante Journalistik und Medien einen Teil der Fächer gemeinsam. Dieser interfakultäre, auf Basis eines Kooperationsverbundes der Fakultät der Sozialwissenschaften und der Fakultät der Geisteswissenschaften zustande gekommene Studiengang wurde für Studenten mit einem Bachelorabschluss Kommunikations- und Informationswissenschaften (Unternehmenskommunikation) in der Fakultät der Geisteswissenschaften und demselben Abschluss in der Kommunikationswissenschaft innerhalb der Sozialwissenschaften angeboten. Unter anderem infolge von Sparmaßnahmen in der geisteswissenschaftlichen Fakultät wurde die Zusammenarbeit 2012, also schon nach drei Jahren, beendet.

Seit dem Studienjahr 2012/13 kennt die Kommunikationswissenschaft an der Universität Nijmegen die einjährigen Masterspezialisierungen Media, Communicatie en Beïnvloeding (Medien, Kommunikation und Beeinflussung) und Media, Journalistiek en Nieuwsgebruik (Medien, Journalismus und Nachrichtennutzung). Diese letzte Variante ist als die Fortsetzung der Mastervariante Journalistik und Medien zu betrachten. Sie beruht ebensfalls auf der Kooperation der beiden erwähnten Fakultäten. Bei den zweijährigen Mastervarianten der Kommunikationswissenschaft an der Universität Nijmegen handelt es sich um die Forschungs-Masterprogramme Social and Cultural Science und Behavioural Science.

In Rückblick kann man nicht leugnen, dass die hohen Zahlen der Studenten der neuen Studiengänge für Journalistik, angewandte Kommunikationsmodalitäten wie zum Beispiel Marketingkommunikation, Öffentlichkeitsarbeit, Medien- und Werbeforschung, Unternehmenskommunikation und Kommunikationsberatung während einer Rezession zu Engpässen bei dem Zutritt der Absolventen auf den Arbeitsmarkt führen. Die Errichtung der mehr oder weniger hybriden, kommunikationsorientierten Studiengänge an Universitäten und Fachhochschulen bot Studenten die Möglichkeit, sich mit der Kommunikationswelt zu beschäftigen, ohne Kommunikationswissenschaft zu studieren. Kommunikationswissenschaftler, die Unterricht als Arbeitsfeld wählten, bekamen fast unbeschränkte Möglichkeiten, über ihr Fachgebiet zu lehren, ohne sich auf graue Theorie beschränken zu müssen.

Die ersten Generationen der Kommunikationswissenschaftler fanden auch einen Weg, um in der Forschung an Universitäten teilzunehmen, mit zum Beispiel der Möglichkeit, Dissertationen bezahlt zu vollenden. In der angewandten Forschung fanden nicht promovierte und promovierte Kommunikationswissenschaftler eine Stelle in der öffentlichen Meinungsforschung, in der Forschung zu Einschaltquoten beim Hörfunk und Fernsehen oder in der Werbe-, Markt- und Konsumforschung. Die Medienpolitik führte dazu, dass Kommunikationswissenschaftler in Beratungsorganen der Regierung, in Ministerien, bei Rundfunkanstalten, bei Interesseverbänden der Verleger und ähnlichen Medieninhabern ihren Platz fanden. Es handelt sich übrigens in vielen, vielleicht sogar in den meisten Fällen um Kommunikationswissenschaftlerinnen.

Jules P. S. van Neerven (Foto in Familienbesitz)

Inzwischen ist die gesellschaftliche Verankerung der Kommunikationswissenschaft in den Niederlanden bemerkenswert. Sie lässt sich nur erklären, wenn man die guten Beziehungen dieser Disziplin zu den verschiedensten Berufsfeldern in Betracht zieht. Im Vergleich mit anderen Ländern ist die Distanz zwischen Kommunikationswissenschaftlern und Praktikern gering. Namentlich der oben schon erwähnte langjähriger Stiftungsprofessor für Öffentlichkeitsarbeit an der Universität Utrecht, Van der Meiden, aber auch Gerard Marsman (Soziologie der Massenkommunikation, später Kommunikationswissenschaft, an der Universität Nijmegen), Jules (J. P. S.) van Neerven (1930 bis 2010), Stiftungsprofessor für Betriebswirtschaftslehre des Zeitungsunternehmens, Giep Franzen, der schon erwähnte Stiftungsprofessor für kommerzielle Kommunikation, und der ebenfalls genannte Fred Bronner, Professor für Kommunikationswissenschaft, insbesondere Medien- und Werbeforschung, haben sich in den letzten Jahrzehnten insbesondere um die Annäherung zwischen Theorie und Praxis verdient gemacht – die drei Letzteren an der Universität Amsterdam. Wie oben schon erwähnt, bemühte sich in dieser Hinsicht auch Van Ruler an dieser Universität [3] – mit dem Ergebnis, dass Kommunikationswissenschaftler auch als hochgeschätzte Kommunikationsprofis in der Werbung, in der Öffentlichkeitsarbeit, in der Marketingkommunikation, in der öffentlichen Meinungsforschung, im (internen und externen) Kommunikationsmanagement und in anderen Bereichen tätig sind.

Anmerkungen

  • 1 Tilburg University wurde 1927 in Tilburg gegründet als Roomsch Katholieke Handelshoogeschool. Diese römisch-katholische Handelshochschule wurde nacheinander umbenannt in Katholieke Economische Hogeschool (1936), Katholieke Hogeschool Tilburg (1963), Katholieke Universiteit Brabant (1986) und Tilburg University (2010).
  • 2 Bei einem Minor als Teil des Bacholorstudiums handelt es sich um eine Einführung in ein bestimmtes Wissenschaftsgebiet. Studenten anderer Studienrichtungen können dieses Lehrangebot als Nebenfach wählen.
  • 3 Den Hinweis mit Beziehung auf die Annäherung zwischen Theorie und Praxis verdanke ich meinem schon erwähnten Kollegen Jo L. H. Bardoel. Die Auswahl der Personen traf ich selbst.

Literaturangaben

  • Noelle Aarts/Chantal Steuten/Cees van Woerkum: Strategische communicatie. Principes en toepassingen. Assen: Koninklijke Van Gorcum 20143.
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Empfohlene Zitierweise

  • Joan Hemels: Neue Studiengänge außerhalb der Kommunikationswissenschaft. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2015. http://blexkom.halemverlag.de/neue-studien/ (Datum des Zugriffs).