Hans Bohrmann

26. September 1940

Lexikoneintrag von Ingrid Klausing am 21. Juni 2013

Er habe durch sein kontinuierliches Engagement und seine verlässliche Arbeit einen erheblichen Anteil an der positiven Fachentwicklung der Kommunikations- und Medienwissenschaft, würdigt Horst Pöttker (2005: 355) das vielfältige Schaffen Hans Bohrmanns.

Stationen

Geboren in Berlin, Vater als Berufsoffizier im Krieg gefallen. 1959 Abitur an der Friedrich-Ebert-Schule in Berlin-Wilmersdorf. Studium an der Freien Universität Berlin (Publizistik, Soziologie und Geschichte, Philosophie, Psychologie und Religionswissenschaft). 1963 bis 1965 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Publizistik der FU Berlin. 1967 Promotion bei Fritz Eberhard. 1967 wissenschaftlicher Assistent, ab 1971 Assistenzprofessor am Institut für Publizistik der FU Berlin. Seit 1971 SPD-Mitglied. 1972 Akademischer Rat, später Akademischer Oberrat am Institut für Publizistik der Universität Münster. 1976 bis 1980 Vorstandsmitglied der DGPuK, davon 1978 bis 1980 deren Vorsitzender. 1977 bis 2003 Direktor des Instituts für Zeitungsforschung der Stadt Dortmund. 1980 bis 1990 Mitglied und Vorsitz in der Zeitungskommission des Deutschen Bibliotheksinstituts Berlin. 1993 bis 2005 Stellvertretender Direktor des Erich-Brost-Instituts in Dortmund. 1978 Geschäftsführer des Mikrofilmarchivs der deutschsprachigen Presse. 1992 Honorarprofessor am Institut für Journalistik der Universität Dortmund. Lehraufträge an der Pädagogischen Hochschule Berlin, den Universitäten München und Göttingen, 1994 Gastdozentur an der McGill University Montreal. Verheiratet, eine Tochter.

Publikationen

  • Gesellschaftliche Kommunikation und Information. Forschungsrichtungen und Problemstellungen. Ein Arbeitsbuch zur Massenkommunikation. Frankfurt/Main: Athenäum 1973 (herausgegeben mit Jörg Aufermann und Rolf Sülzer).
  • Strukturwandel der deutschen Studentenpresse: Studentenpolitik und Studentenzeitschriften 1848-1974. München: Verlag Dokumentation 1975 (Dissertation).
  • Pressegeschichte und Pressetheorie. Erich Everth (1878-1934). In: Publizistik 24. Jg. (1979), S. 386-403 (mit Arnulf Kutsch).
  • Kommunikationsforschung: eine kommentierte Auswahlbibliographie der deutschsprachigen Untersuchungen zur Massenkommunikation 1945 bis 1980. Konstanz: Universitätsverlag 1984 (mit Wilbert Ubbens).
  • NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit. Edition und Dokumentation. München: Saur. Bd. 1. 1984 bis 19. 2001 (herausgegeben mit Gabriele Toepser-Ziegert).
  • Grenzüberschreitung? Zur Beziehung von Soziologie und Zeitungswissenschaft 1900-1960. In: Sven Papcke (Hrsg.): Ordnung und Theorie. Beiträge zur Geschichte der Soziologie in Deutschland. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1986, S. 93-112.
  • Historische Zeitungsbestände und ihre Verfilmung. Studie zur Bestimmung des Anteils der noch nicht verfilmten Zeitungsbestände in Deutschland. Berlin: Deutsches Bibliotheksinstitut 1994 (gemeinsam mit Manfred Pankratz).
  • Das Jahr 1945 als personeller und institutioneller Wendepunkt von der Zeitungs- zur Publizistikwissenschaft. In: Tobias Eberwein (Hrsg.): Journalismus und Öffentlichkeit. Eine Profession und ihr gesellschaftlicher Auftrag. Festschrift für Horst Pöttker. Wiesbaden: VS Verlag 2002, S. 483-505.
  • Kommunikation und Politik. München: Verlag Dokumentation Saur. Bd. 1. 1971 bis 27. 1995 (Schriftenreihe; herausgegeben mit Jörg Aufermann, Otfried Jarren, Winfried B. Lerg und Elisabeth Löckenhoff).
  • Journalismus und Geschichte. Konstanz: UVK Medien. 1999 bis 2004 (herausgegeben mit Horst Pöttker). Fortsetzung: Öffentlichkeit und Geschichte. Köln: Herbert von Halem. Seit 2005 (Schriftenreihe; herausgegeben mit Markus Behmer, Wolfgang Duchkowitsch, Fritz Hausjell, Horst Pöttker und Marianne Ravenstein).
  • Dortmunder Beiträge zur Zeitungsforschung. München: Saur, später Berlin: de Gruyter. Seit 1991 (Schriftenreihe, herausgegeben mit Gabriele Toepser-Ziegert).

Er habe durch sein kontinuierliches Engagement und seine verlässliche Arbeit einen erheblichen Anteil an der positiven Fachentwicklung der Kommunikations- und Medienwissenschaft, würdigt Horst Pöttker (2005: 355) das vielfältige Schaffen Hans Bohrmanns. Bohrmann gehört zur Generation jener Wissenschaftler, die den Ausbau der Kommunikationswissenschaft in den 1970er- und 1980er-Jahren derart mitgestaltet haben, dass sich das Fach heute als eine theoretisch und empirisch arbeitende Sozialwissenschaft versteht (vgl. Meyen 2007).

Elisabeth Löckenhoff und Hans Bohrmann 1970 (Quelle: Privatarchiv Hans Bohrmann)

Elisabeth Löckenhoff und Hans Bohrmann 1970 (Quelle: Privatarchiv Hans Bohrmann)

Seine Forschungs- und Lehrtätigkeit wurde wesentlich während seiner Berliner Zeit durch die Zusammenarbeit mit Fritz Eberhard und Harry Pross geprägt. Bohrmanns Interesse gilt der Funktion der Medien in der Gesellschaft sowohl aus sozialwissenschaftlicher als auch historischer Perspektive (vgl. Jarren 2000a: 496). Neben seinen Forschungsarbeiten zur Mediengeschichte, Fachgeschichte der Kommunikationswissenschaft, Zeitungsforschung und Pressedokumentation (zu denen auch zwei kaum verbreitete Untersuchungen zählen, die am Berliner Institut in Zusammenarbeit mit Wilbert Ubbens, Rolf Sülzer und Peter Schneider entstanden sind: eine Analyse der Berichterstattung über die studentischen Aktivitäten in der West-Berliner Presse vor dem Hintergrund des Schah-Besuchs im Jahr 1967 und eine Befragung der Publizistik-Absolventen von 1951 bis 1971) ist die Lehre sein besonderes Anliegen (vgl. Bohrmann 2007: 356). Zahllose Studierende haben von Bohrmanns persönlichem Engagement, seiner Offenheit, Kooperationsfähigkeit und seiner Neugier an unterschiedlichen Themen profitiert, beschreibt Otfried Jarren Bohrmanns Lehrtätigkeit (2000a: 496).

Hans Bohrmann (Mitte) auf der DGPuK-Jahrestagung 1975 in Göttingen (Foto: Raimund Kommer)

Hans Bohrmann (Mitte) auf der DGPuK-Jahrestagung 1975 in Göttingen (Foto: Raimund Kommer)

Der bekennende Sozialdemokrat hat neben seinem politischen Engagement (vgl. Bohrmann 2007: 348) auch die Fachentwicklung der Kommunikationswissenschaft immer wieder kritisch reflektiert (vgl. Pöttker 2005). Als Leiter des Dortmunder Instituts für Zeitungsforschung positionierte er das Institut in der Nachfolge von Kurt Koszyk als bedeutende wissenschaftliche Einrichtung, welche Grundlagen für die Kommunikations- und Medienforschung bereitstellt. Er engagiert sich in Zusammenarbeit mit dem Bibliotheks- und Archivwesen für die Erhaltung, Zugänglichmachung und Verzeichnung von Quellen für die Forschung. Als herausragende Beispiele sind die Projekte der Verfilmung wichtiger Zeitschriften- und Zeitungsbestände im Mikrofilmarchiv der Deutschsprachigen Presse und die Edition und Dokumentation der NS-Presseanweisungen der Vorkriegszeit zu nennen. Die Festschrift zu seinem 60. Geburtstag (Jarren 2000b) enthält eine umfangreiche Personalbibliografie (Ubbens 2000), die Bohrmanns Wirken und seine vielen Interessen eindrucksvoll dokumentiert.

Literaturangaben

  • Hans Bohrmann: Ich hatte wirklich alle Freiheiten. In: Michael Meyen/Maria Löblich (Hrsg.): „Ich habe dieses Fach erfunden“. Wie die Kommunikationswissenschaft an die deutschsprachigen Universitäten kam. Köln: Herbert von Halem 2007, S. 335-359.
  • Otfried Jarren: Hans Bohrmann 60 Jahre. In: Publizistik 45. Jg. (2000a), S. 496-497.
  • Otfried Jarren: Zeitung — Medium mit Vergangenheit und Zukunft. Eine Bestandsaufnahme. Festschrift aus Anlass des 60. Geburtstages von Hans Bohrmann. München: Saur 2000b.
  • Michael Meyen: Die „Jungtürken“ der Kommunikationswissenschaft. Eine Kollektivbiographie. In: Publizistik 52. Jg. (2007), S. 308-328.
  • Horst Pöttker: Hans Bohrmann 65 Jahre. In: Publizistik 50. Jg. (2005), S. 355-356.
  • Wilbert Ubbens: Personalbibliographie Hans Bohrmann. In: Otfried Jarren (Hrsg.): Zeitung – Medium mit Vergangenheit und Zukunft. München: Saur 2000, S. 251-272.

Weiterführende Literatur

  • Matthias John: Zeitungsdruckereien in Mittelsachsen und im Muldental — Arbeiter, Arbeitsalltag und -bedingungen. Gewidmet Hans Bohrmann zum 70. Geburtstag am 26.9.2010. Berlin: trafo 2011.
  • Gerd G. Kopper: Dr. Hans Bohrmann Honorarprofessor in Dortmund. In: Publizistik 37. Jg. (1992), S. 245.
  • Winfried B. Lerg: Hans Bohrmann neuer Leiter des Instituts für Zeitungsforschung der Stadt Dortmund. In: Publizistik 22. Jg. (1977), S. 316-317.
  • Gabriele Toepser-Ziegert (Hrsg.): Das Institut für Zeitungsforschung in Dortmund. 1926: Eine Disziplin nimmt Gestalt an. Festschrift zum 80jährigen Jubiläum. Dortmund 2006.

Weblink

Empfohlene Zitierweise

    Ingrid Klausing: Hans Bohrmann. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2013. http://blexkom.halemverlag.de/hans-bohrmann/ (Datum des Zugriffs).