Wilhelm Kapp (Quelle: Cover des Buchs "Wilhelm Kapp und die Zeitungswissenschaft" von Alfried Große)

Wilhelm Kapp

16. September 1865 bis 1. Juni 1943

Lexikoneintrag von Magdalena Kellermann am 10. Juli 2018

Wilhelm Kapp war zunächst evangelischer Pfarrer. Sein politisches Engagement und seine publizistischen Tätigkeiten führten zu einem Lehrauftrag für Publizistik und Zeitungswesen an der Universität Freiburg, wo er 1927 das Institut für Zeitungswissenschaft gründete.

Stationen

Geboren in Bischweiler, Elsass. Vater Werkmeister. 1885 Studium in Straßburg (Evangelische Theologie), Studienaufenthalt in der Schweiz. 1889 Staatsexamen, Pfarrer im Elsass und in Lothringen. 1906 Examen für das höhere Lehramt. Gymnasiallehrer in Mühlhausen und Straßburg. 1909 Gründung der Elsaß-Lothringischen Vereinigung. 1918 Ausweisung in die Schweiz, Publizist. 1920 Berufung an die Universität Freiburg. 1922 Lektorat für das Seminar Publizistik und Zeitungswesen. 1924 Honorarprofessur. 1927 Gründung des Instituts für Zeitungswissenschaft an der Universität Freiburg. 1928 Ehrenpromotion. 1934 Aufnahme in den Reichsverband Deutscher Schriftsteller. 1935 Promotionsrecht. 1940 Verleihung der Goethemedaille. Verheiratet, zwei Kinder. Gestorben in Freiburg.

Publikationen

  • Das Christentum Luthers nach seiner religiös-sittlichen Bestimmtheit. Straßburg: Universitätsverlag 1902 (Dissertation).
  • Ist Elsaß-Lothringen als autonomer Bundesstaat denkbar? Berlin: Springer 1918.
  • Die Zeitung als Problem. In: Zeitungswissenschaft 1. Jg. (1926), S. 21-22.
  • Zeitungswissenschaft und Presse. In: Zeitungswissenschaft 13. Jg. (1938), S. 306-310.

Bereits in seiner Kindheit wurde Kapp durch die lutherische Glaubenslehre geprägt. Im Elsass, das sich unter französischer Herrschaft befand, war der Protestantismus für die deutsche Bevölkerung nicht nur Religion, sondern auch von zentraler Bedeutung für die Identität. Kapp besuchte ein humanistisches Gymnasium und wurde anschließend Priester (zunächst im lothringischen Volksberg und später in Ittenheim am Rande Straßburgs). Die Unterschiede zwischen beiden Gemeinden weckten sein Interesse an sozialen Strukturen (Große 1989: 21-24). Sein Biograf Alfred Große erklärt so Kapps Studie über das elsässische Dorf (vgl. Kapp 1905). Auf theologischer Ebene begnügte sich Kapp nicht mit der Berufspraxis, sondern setzte sich auch theoretisch-wissenschaftlich mit dem Christentum und der lutherischen Lehre auseinander. Seine Studien mündeten 1902 in eine Dissertation und viele weitere Publikationen (Große 1989: 24-27).

Neben der Religion sah sich Kapp insbesondere dem Deutschtum verbunden. Die politischen und gesellschaftlichen Spannungen im deutsch-französischen Ringen um Elsass-Lothringen veranlassten ihn dazu, sich politisch zu engagieren (Große 1889: 28-30). 1908 veröffentlichte er eine erste Schrift über Das elsässische Bürgertum, in der er zu dem Schluss kam, dass das Elsass von Haus aus urdeutsch sei und sich erst im Zuge der französischen Revolution an Frankreich angenähert habe (vgl. Kapp 1908). Ein Jahr später gründete er gemeinsam mit Freunden die Elsaß-Lothringische-Vereinigung, die sich vorrangig gegen die Entwicklung einer doppelsprachigen deutsch-französischen Mischkultur einsetzte (Große 1989: 27-30). Sprachrohr der Vereinigung war die Zeitschrift Elsaß-Lothringische Heimatstimmen, die Kapp selbst redigierte. Diese Aktivität führte nach dem Kriegsende 1918 zu seiner Ausweisung in die Schweiz, wo er sich weiterhin dem Kampf um das Elsass widmete (Große 1989: 30-33, Haacke 1977).

In Anerkennung seines Engagements für das Auslandsdeutschtum und Volkstum sowie seiner früheren publizistischen Tätigkeiten erhielt Kapp 1920 einen Lehrauftrag für die wissenschaftliche Zeitungskunde an der Universität Freiburg, wo er die nächsten zwei Jahre damit verbrachte, ein Seminar für Publizistik und Zeitungswesen an der Philosophischen Fakultät aufzubauen (Haacke 1977, Friedmann/Kicherer 1995: 3). Zu den ersten Lehrinhalten zählten Pressestrukturen, die publizistische Behandlung des politischen Geschehens und die deutsche Auslandspublizistik. Mit der Errichtung des Seminars begann für Kapp und die Fakultät ein jahrelanges Ringen um Gelder für den Erhalt des Fachs und auch für Kapps Vergütung. Mit seiner Ernennung zum ordentlichen Honorarprofessor durch das badische Kultusministerium 1924 erhielt die Disziplin eine unerwartete Aufwertung. Drei Jahre später wurde unter der Leitung Kapps schließlich das Institut für Zeitungswissenschaft gegründet – eines der ersten in Deutschland (Große 1989: 47-67). Nachdem die Schwierigkeiten bei der Institutionalisierung des Fachs überwunden waren, widmete sich Kapp vornehmlich den geistig-politischen Wechselwirkungen zwischen der Zeitung und ihren Lesern, jedoch stützte er seine Untersuchungen nicht durch eine Theorie (Große 1989: 185-186).

Literaturangaben

  • Alfried Große: Wilhelm Kapp und die Zeitungswissenschaft. Geschichte des Instituts für Publizistik und Zeitungswissenschaft an der Universität Freiburg i. Br. (1922-1943). Münster/New York: Waxmann 1989.
  • Jan Friedmann/Dagmar Kicherer: Institut für Zeitungswissenschaft (1933-1944), 1995. In: Universitätsarchiv Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. B0041, A, S. 3.
  • Wilmont Haacke: Kapp, Wilhelm. In: Deutsche Biographie 1977. Online: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118852604.html#ndbcontent (5. Juli 2018).
  • Wilhelm Kapp: Das elsässische Dorfbild. In: Monatsschrift für die kirchliche Praxis. Der Zeitschrift für praktische Theologie, Neue Folge 5. Jg. (1905), S. 341-353.
  • Wilhelm Kapp: Das elsässische Bürgertum. Eine kultur-psychologische Studie. Straßburg: Heitz 1908.

Weblinks

  • Universitätsarchiv Albert-Ludwigs-Universität Freiburg: Nachlass Wilhelm Kapp. URL: https://www.uniarchiv.uni-freiburg.de/bestaende/Fremdprovenienzen/nachlass/c0124

Empfohlene Zitierweise

Magdalena Kellermann: Wilhelm Kapp. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2018. http://blexkom.halemverlag.de/wilhelm-kapp/ (Datum des Zugriffs).