Tanjev Schultz

13. Mai 1974

Lexikoneintrag von Franz-Erich Pfenning am 23. Oktober 2016

Der Mainzer Professor Tanjev Schultz gehört als langjähriger Journalist und Buchautor zu der immer kleiner werdenden Zahl echter Praktiker auf Lehrstühlen der Kommunikationswissenschaft in Deutschland.

Stationen

Geboren in Berlin. Studium der Philosophie, Psychologie, Kommunikationswissenschaft, Politikwissenschaft und Germanistik an der Fernuniversität Hagen (ab 1993) und der Freien Universität Berlin (1994) sowie an der School of Journalism der Indiana University. 1998 Master, 2001 Magister. 1999 bis 2003 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich des Soziologen Bernhard Peters an der Universität Bremen. 2006 Promotion. 2005 bis 2016 Redakteur der Süddeutschen Zeitung, zuständig zunächst für die Themen Bildungs- und Hochschulpolitik, später für innere Sicherheit, Terrorismus, Extremismus und Geheimdienste. Im Februar 2016 Ruf auf eine Professur am Journalistischen Seminar der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. 2012 Goethe-Preis für Wissenschafts- und hochschulpolitischen Journalismus, 2013 Universitas-Preis für Wissenschaftsjournalismus. Verheiratet, ein Kind.

Publikationen

  • Interactive Options in Online Journalism: A Content Analysis of 100 U.S. Newspapers. In: Journal of Computer-Mediated Communication Vol. 5 (1999).
  • Mediatisierte Verständigung. Distance Communication. In: Zeitschrift für Soziologie 30. Jg. (2001), S. 85-102.
  • Die Moderation politischer Gesprächsrunden im Fernsehen. In: Publizistik 49. Jg. (2004), S. 292-318.
  • Geschwätz oder Diskurs? Die Rationalität politischer Talkshows im Fernsehen. Köln: Herbert von Halem 2006 (Dissertation).
  • Guttenbergs Fall. Der Skandal und seine Folgen für Politik und Gesellschaft. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2011 (mit Roland Preuß).
  • Die Akademiker-Gesellschaft. Müssen in Zukunft alle studieren? Weinheim: Beltz Juventa 2013 (herausgegeben mit Klaus Hurrelmann).

Als promovierter Politologe und mit 20 Jahren journalistischer Berufserfahrung gehört Tanjev Schultz zu einer immer kleiner werdenden Gruppe von Quereinsteigern sowie von Praktikern in der Kommunikationswissenschaft (vgl. Meyen 2004: 200-201). Schultz wählte nicht den direkten Weg. 1993 begann er sein Studium an der Freien Universität Berlin, und obwohl es ihn später in die Praxis ziehen sollte, wurde bereits hier sein wissenschaftliches Interesse geweckt, unter anderem durch Hans-Jürgen Weiß und Armin Scholl. Seinen ersten Hochschulabschluss erlangte er an der School of Journalism der Indiana University.

Zurück aus den Vereinigten Staaten war Schultz zunächst vier Jahre Mitarbeiter des Habermas-Schülers Bernhard Peters an der Universität Bremen – eine Zeit, die er im Rückblick als besonders prägend erachtet und in der er nebenbei auch noch an der Fernuniversität Hagen sein Magisterstudium mit einer Arbeit zu Kommunikation, Demokratie und Öffentlichkeit im Pragmatismus von John Dewey abschloss. Auf mehrere Publikationen in deutschsprachigen und internationalen Fachzeitschriften folgte im Jahr 2006 die Promotion. In seiner von Lothar Probst und Hartmut Wessler betreuten Arbeit ging er der Frage auf den Grund, welchen Sinn und welche Funktionen politische Talkshows in der modernen Öffentlichkeit haben (Schultz 2006: 16).

Nachdem Schultz schon seit seiner Studienzeit als Hospitant und freier Journalist für den Spiegel, den Tagesspiegel und den WDR tätig gewesen war, wurde er 2005 Redakteur der Süddeutschen Zeitung. Für seine journalistische Arbeit dort erhielt er zahlreiche Preise, allen voran für seine Berichterstattung zur Plagiatsaffäre um Karl-Theodor zu Guttenberg sowie zum NSU-Untersuchungsausschuss. Trotzdem kehrte Schultz der Wissenschaft nie vollständig den Rücken, wofür etwa auch die Pädagogischen Streitschriften stehen, die er gemeinsam mit Klaus Hurrelmann herausgibt. Anfang 2016 folgte er schließlich dem Ruf auf eine Professor am Journalistischen Seminar des Mainzer Instituts für Publizistik. Schwerpunkte seiner dortigen Forschungs- und Lehrtätigkeit sollen digitaler Journalismus und Datenjournalismus sowie die Vermittlung journalistischer Standards und ethischer Grundlagen sein (Jackob 2016: 191). Wie er selbst erklärte, habe er die Arbeit als Redakteur zugunsten der Professur aufgegeben, „weil ich dort meine Leidenschaft für den Journalismus mit meiner Freunde an Lehre und Forschung verbinden kann“ (Ürük 2016).

Literaturangaben

Weblinks

Empfohlene Zitierweise

Franz-Erich Pfenning: Tanjev Schultz. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2016. http://blexkom.halemverlag.de/tanjev-schultz/ (Datum des Zugriffs).