Maximilian Gottschlich

8. April 1948

Lexikoneintrag von Christian Schwarzenegger am 5. Februar 2016

Maximilian Gottschlich war drei Jahrzehnte Professor am Wiener Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und beschäftigte sich dort vor allem mit der Ethik journalistischen Handelns sowie mit Verstehens- und Sinnproblemen in der Mediengesellschaft.

Stationen

Geboren und aufgewachsen in Wien. Ab Wintersemester 1968 Studium der Publizistik, Pädagogik, Politikwissenschaft und Philosophie an der Universität Wien, daneben freiberufliche journalistische Tätigkeit. 1971-1974 wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Publizistik in Wien. 1974 Promotion (Katholische Publizistik im sozialen Prozeß der lokalen Gesellschaft: Funktionen und Erscheinungsbild österreichischer Pfarrblätter; Doktorvater: Kurt Paupié). 1974-1981 Assistent und Lektor am Wiener Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. 1981 Habilitation. 1983 Professor für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien. 1984 Gastprofessuren an der Southern Illinois University sowie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. 1994 Gründung und wissenschaftliche Leitung der Europäischen Journalismus Akademie an der Donau-Universität Krems (2000 Neugründung und Weiterführung am Campus der Universität Wien bis 2005). 2013 Emeritierung. Drei Söhne und eine Tochter.

Publikationen

  • Journalismus und Orientierungsverlust. Grundprobleme öffentlich-kommunikativen Handelns. Wien: Böhlau 1980 (Habilitation).
  • Sprachloses Leid – Wege zu einer kommunikativen Medizin. Die heilsame Kraft des Wortes. Wien: Springer 1998.
  • Medizin und Mitgefühl. Die heilsame Kraft empathischer Kommunikation. Wien: Böhlau 2007.
  • Versöhnung. Spiritualität zwischen Thora und Kreuz. Spurensuche eines Grenzgängers. Wien: Böhlau 2008.
  • Die große Abneigung. Wie antisemitisch ist Österreich? Kritische Befunde zu einer sozialen Krankheit. Wien: Czernin 2012.

Maximilians Gottschlichs wissenschaftliche Ursprünge liegen in der Journalismustheorie und -forschung unter besonderer Berücksichtigung der Journalistenausbildung. Er versteht Journalismus als kulturelle Leistung, die vor allem darin liegt, zur Existenzorientierung des Menschen in der modernen Gesellschaft beizutragen. Aus der wachsenden Diskrepanz zwischen steigender Informationsfülle bei gleichzeitig schwindender Chance für Rezipienten, diese Informationen auch sinnhaft verarbeiten zu können, entsteht die Notwendigkeit der Neuorientierung des Berufsbildes des Journalisten. Der Journalist ist weniger Informationsvermittler als vielmehr Wissensnavigator. Diesen Anspruch an den Journalismus bringt Gottschlich insbesondere durch seinen Arbeitsschwerpunkt zur Ethik des journalistischen Handelns zum Ausdruck.  Zu den Themen, die den „jüdisch imprägnierten Christen“ (Gottschlich) antreiben und die sein transdisziplinäres Verständnis von Kommunikationswissenschaft begründen, gehören die großen Fragen des Menschseins: neben Verstehens- und Sinnproblemen in der Mediengesellschaft die existenzphilosophischen Grundlagen des kommunikativen Handelns und die Bedeutung von Religion in der Informationsgesellschaft. Dabei ist Gottschlich die christlich-jüdische Verständigung ein großes Anliegen. Daraus speist sich ebenso die Beschäftigung mit der Vorurteilsforschung und insbesondere dem Antisemitismus, der nur zu verstehen ist, wenn man seine historischen, theologisch-religiösen sowie soziologischen und tiefenpsychologischen Wurzeln erkennt. Ein späteres Arbeitsfeld ist die Kommunikation zwischen Arzt und Patienten in einem „gefühlslosen und inhumanen Medizinsystem“ (Gottschlich 1998), unter dessen Kommunikationsarmut sowohl Patienten als auch Ärzte leiden.

Obgleich Gottschlichs Ära als Professor am Wiener Institut geprägt war von der enormen Expansion des Studienfachs auf mehrere Tausend Studierende bei gleichzeitig schmal bleibendem Personalstand und einer Ausstattung mit nur vier ordentlichen Professoren, war er stets sichtbar – weniger allerdings durch (internationale) Aufsatzpublikationen als vielmehr durch Monografien. Seine Bücher wenden sich an eine allgemeine Öffentlichkeit, die über den schmalen Kern des wissenschaftlichen Fachpublikums hinausgeht. Doch auch abseits seiner Publikations- und Lehrtätigkeit meldet sich Gottschlich zu den Themen der Zeit zu Wort und ist regelmäßiger Kommentator in den Medien.

Nach seiner Emeritierung (Thema der Abschiedsvorlesung: „Über die bedrohte Freiheit des Denkens“) widmet sich Gottschlich verstärkt der Malerei, abzulesen an mehreren Ausstellungen in den letzten Jahren, unter anderem 2013 unter dem Titel „Entgrenzung“ auch in den neuen Räumen des Wiener Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft.

Literaturangaben

  • Maximilian Gottschlich: Sprachloses Leid – Wege zu einer kommunikativen Medizin. Die heilsame Kraft des Wortes. Wien: Springer 1998.

Weblinks

Maximilian Gottschlich, Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Universität Wien
Maximilian Gottschlich

Empfohlene Zitierweise

Christian Schwarzenegger: Maximilian Gottschlich. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2016. http://www.blexkom.halemverlag.de/maximilian-gottschlich/ (Datum des Zugriffs).