Wolfgang Donsbach (Foto: privat)
Wolfgang Donsbach (Foto: privat)

Wolfgang Donsbach

9. November 1949 bis 26. Juli 2015

Lexikoneintrag von Michael Meyen am 7. November 2014

Wolfgang Donsbach war 2010 der erste Professor einer deutschen Universität, den die International Communication Association zum Fellow machte. Er hat zwei internationale Fachgesellschaften geleitet und eine voluminöse Enzyklopädie herausgegeben.

Stationen

Geboren in Bad Kreuznach. 1968 Studium an der Universität Mainz (zunächst Volkswirtschaftslehre und dann Publizistikwissenschaft, Politikwissenschaft, Ethnologie, Soziologie). 1975 Magister. Freie Mitarbeit und Hospitanzen im Hörfunk sowie beim ZDF. 1976 wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-Projekt Community and Communication (Mainz). 1977 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Dortmunder Journalistik-Studiengang. 1978 Rückkehr nach Mainz. Dort 1981 Promotion und 1989 Habilitation. 1990 Gastprofessur an der Syracuse University, ab 1991 drei Semester Vertretung einer C3-Professur an der Freien Universität Berlin. 1993 Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft an der TU Dresden. 2002 bis 2004 stellvertretender Vorsitzender der DGPuK. 1995 Präsident der WAPOR, 2004 der ICA. 1997 bis 2010 Mitherausgeber des International Journal of Public Opinion Research. Herausgeber der International Encyclopedia of Communication (2008, zwölf Bände). Verheiratet, ein Sohn.

Publikationen

  • Legitimationsprobleme des Journalismus. Gesellschaftliche Rolle der Massenmedien und berufliche Einstellungen von Journalisten. Freiburg, München: Alber 1982 (Dissertation).
  • Medienwirkung trotz Selektivität. Einflußfaktoren auf die Zuwendung zu Medieninhalten. Köln: Böhlau 1991 (Habilitation).
  • Kampa. Meinungsklima und Medienwirkung im Bundestagswahlkampf 1998. Freiburg, München: Alber 1999 (mit Elisabeth Noelle-Neumann und Hans Mathias Kepplinger).
  • International Encyclopedia of Communication, 12 Bände. Malden, MA: Wiley-Blackwell 2008 (Herausgeber).
  • Handbook of Public Opinion Research. Los Angeles: Sage 2008 (herausgegeben mit Michael Traugott).
  • Entzauberung eines Berufs. Was die Deutschen vom Journalismus erwarten und wie sie enttäuscht werden. Konstanz: UVK 2009 (mit Mathias Rentsch, Anna-Maria Schielicke und Sandra Degen).

Wolfgang Donsbach gehörte zu den auch international herausragenden Kommunikationswissenschaftlern. Er hat zwei bedeutende Fachgesellschaften als Präsident geleitet (1995/96 die World Association for Public Opinion Research und 2004/05 die International Communication Association) und war Herausgeber von zwei Standardwerken des Fachs (darunter die zwölfbändige International Encyclopedia of Communication, die in mehr als 1300 Einträgen den State of the Art präsentiert). 2010 wurde Donsbach ICA Fellow. Er war seinerzeit der erste Professor von einer deutschen Universität, dem diese Ehre zuteil wurde (vgl. Meyen 2012).

Wolfgang Donsbachs Weg an die Spitze des Fachs hat Parallelen mit den Karrieren der Jungtürken-Generation in der deutschsprachigen Kommunikationswissenschaft (vgl. Meyen/Löblich 2007). Wie die meisten dieser etwas älteren Professorenkollegen kam er aus einem nicht akademischen Elternhaus und wollte zunächst Journalist oder Diplomat werden. An der Universität Mainz besuchte er eine Lehrveranstaltung des Auslandskorrespondenten Peter von Zahn (1913 bis 2001) und wechselte von der Volkswirtschaftslehre zur Publizistikwissenschaft. Zu seinem Lebenslauf gehörte ähnlich wie bei den Jungtürken die Mitarbeit in Hörfunk- und Fernsehredaktionen.

Elisabeth Noelle-Neumann (Foto: privat)

Elisabeth Noelle-Neumann (Foto: privat)

In einem biografischen Interview ordnete sich Donsbach der 68er-Generation zu („Sie müssen wissen, dass ich einer der Führer der Studentenbewegung in Mainz war“) und sagte, man habe damals sehr kritisch und eigentlich gegen alles sein müssen, um die Erwartungen der Kommilitonen zu erfüllen (Donsbach 2014). Eines seiner Lebensthemen fand er dann wenig später schon in der Magisterarbeit: die Journalistenausbildung (Donsbach 1975). Seinerzeit war allerdings nicht abzusehen, dass hier einer der führenden Vertreter der Mainzer Schule in der Kommunikationswissenschaft heranwachsen würde (zur Mainzer Schule vgl. Wilke 2005, Meyen/Löblich 2006: 255-276). Institutsleiterin Elisabeth Noelle-Neumann (1916 bis 2010) hatte nicht vergessen, welche Rolle Donsbach bei den Streiks und bei der Besetzung von Universitätsbüros gespielt hatte. Es bedurfte eines Umweges über Dortmund und der Vermittlung von Hans Mathias Kepplinger, um ihm einen Platz am Institut zu sichern (Donsbach 2014).

Wolfgang Donsbachs Position in der internationalen Fachgemeinschaft hing eng mit dem akademischen Umfeld zusammen, in dem er sozialisiert wurde (vgl. Donsbach 2005: 158-160). Viel früher als die meisten anderen deutschen Institute orientierte sich die Mainzer Schule nach Übersee. Noelle-Neumann war seit 1978 Gastprofessorin in Chicago und lud immer wieder führende US-Wissenschaftler nach Mainz ein. Donsbachs Forschungsthemen entwickelten sich in diesem Umfeld: politische Kommunikation, Medieninhalte, Zuwendung zu Medienangeboten, öffentliche Meinung, Methoden und (immer wieder) der Journalismus als Beruf. Zu seinem Wissenschaftsverständnis gehörte die Forderung nach Relevanz (Donsbach 2014). Die ICA-Jahrestagung in New Orleans, die er als gewählter Präsident organisieren durfte, trug fast folgerichtig den Titel Communication in the Public Interest. Der Wunsch nach Wirksamkeit und seine Persönlichkeit erklären, warum er nach seinem Ruf an die TU Dresden (1993) schnell eine feste Größe in der Stadtgesellschaft wurde und zahlreiche öffentliche Ämter außerhalb der Universität bekleidete.

(aktualisiert am 27. Juli 2015)

Literaturangaben

Weiterführende Literatur

  • Olaf Jandura, Thomas Petersen, Cornelia Mothes, Anna-Maria Schlielicke (Hrsg.): Publizistik und gesellschaftliche Verantwortung. Festschrift für Wolfgang Donsbach. Wiesbaden: Springer Fachmedien 2015.
  • Nachruf im Tagesspiegel
  • Nachruf in der FAZ

Weblinks

Wolfgang Donsbach
Wikipedia-Eintrag

Empfohlene Zitierweise

      Michael Meyen: Wolfgang Donsbach. In: Michael Meyen/Thomas Wiedemann (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft. Köln: Herbert von Halem 2014 http://blexkom.halemverlag.de/wolfgang-donsbach/ (Datum des Zugriffs)